Das GANZE Werk - Presseschau
Rolle der öffentlich-rechtlichen Medien für die Kultur
Experten-Anhörung in Berlin am 18. April 2005
Ein Grundlagentext von Wolfgang Knauer (ehem. Wellenchef von NDR Kultur)
Wichtige Thesen: • Reaktionen aus der Hörerschaft zeigen, dass zumindest die 'klassisch Kulturorientierten' großen Wert auf die kompetente Vermittlung und ausreichende Wiedergabe von Musik auch im Tagesangebot der öffentlich-rechtlichen Kulturprogramme legen und eine Beschränkung auf selektive 'Hit-Paraden' nicht akzeptieren. • Ob sich die strenge Formatierung auf die Dauer für Kulturprogramme eignet, muss bezweifelt werden, da sie musikalisch allzu stark einengt, tiefer gehende Darstellungen verhindert. Die Übernahme eines für Popwellen entwickelten dramaturgischen Prinzips fördert den Hang zur Trivialisierung. Textpassagen leicht gekürzt |
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31. März 2005
Rolle der öffentlich-rechtlichen Medien für die Kultur
Stellungnahme zum Fragenkatalog
Von Wolfgang Knauer (ehem. Wellenchef NDR Kultur)
Die Ausführungen konzentrieren sich - der beruflichen Praxis des Verfassers entsprechend - auf die Radio-Kultur-Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und deren jüngste Entwicklung. Erörtert werden vor allem die Fragen · nach dem geltenden Kulturbegriff (Themenblock l) · nach Rolle und Funktion der Klangkörper (Themenblock IV) · nach dem neuen Formatradio (Themenblock V)und · nach der Bedeutung der Einschaltquote (Themenblock VI). Die weiterführenden Links stammen von der Redaktion www.dasganzewerk.de. |
Kulturbegriff
Sinkende Hörerzahlen zwingen zum Umdenken
Sinkende Hörerzahlen und fortschreitende Überalterung des Publikums - das waren die beiden Faktoren, die in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre ein grundsätzliches Umdenken in den Kulturprogrammen des öffentlich-rechtlichen Radios bewirkten und zum Teil radikale Reformen nach sich zogen. Die Programmmacher hatten feststellen müssen, dass ihre Sendungen zwar in hohem Ansehen standen und bisweilen sogar Kultstatus genossen, jedoch - so die Erhebungen der Medienforscher - immer weniger Menschen erreichten und in die Bedeutungslosigkeit abzustürzen drohten. Was nütze noch so hochwertige Erfüllung des "Kulturauftrags", lautete die allgemein gestellte Frage, wenn sie kaum mehr wahrgenommen werde. Auch Theater und Opernhäuser könnten sich auf Dauer nicht leisten, ständig vor leerem Saal zu spielen.
Suche nach jüngerem Publikum
Als besonders alarmierend galt die Erkenntnis, dass es den Programmen offenbar nicht gelungen war, jüngeres Publikum zu gewinnen, speziell die (von Soziologen und Medienfachleuten so bezeichneten) "neuen Kulturinteressierten" und "Leistungsorientierten". Deren Distanz zu den Kulturwellen abzubauen, ohne dabei die älteren Stammhörer zu vertreiben, wurde allgemein als Hauptaufgabe der für überfällig gehaltenen Reformen angesehen. Nötig erschienen dazu grundlegende inhaltliche wie auch formale Veränderungen, eine Revision des bisher angewendeten Kulturbegriffs ebenso wie eine Modernisierung von Layout und Präsentation der Programme.
Abschied vom Hochkulturschema
Das aus den sechziger und siebziger Jahren stammende "Hochkulturschema", das an den Ansprüchen und Wünschen des traditionellen Bildungsbürgertums orientiert war und sich auf klassische Musik, Oper, Konzert, Dichterlesungen, Essays über Literatur und Geistesleben etc. konzentrierte, wurde in seiner zentralen Bedeutung zur Disposition gestellt. Es erschien einerseits als zu hermetisch und elitär, andererseits als zu vergangenheitsbezogen und unmodern, als dass es den Ansichten und dem Lebensgefühl der jüngeren Generation hätte entsprechen können. Ein neuer, weiter gefasster Kulturbegriff, der über das "Niveaumilieu" des älteren Radiopublikums hinausging, sollte dafür sorgen, dass sich auch jüngere Hörer mit ihren Interessen und Bedürfnissen von den Sendungen angesprochen und sich künftig in den Kulturprogrammen gut aufgehoben fühlen würden.
Alltagskultur rückt in den Vordergrund
Am ehesten erreichbar schien dieses Ziel durch stärkere Berücksichtigung der sogenannten "Alltagskultur" zu sein, so diffus und vage dieser Begriff auch ist. Gemeint sind damit - zumindest mehrheitlich - verschiedenste Ereignisse, Trends und Phänomene der modernen Lebenswelt, von denen angenommen werden kann, dass sie im Alltag eines breiteren Publikums eine wichtige Rolle spielen und folglich als Themen eines Kulturprogramms von Belang sind. Eine der Programmverantwortlichen in der ARD beschrieb das veränderte Verständnis mit den Worten: "Kultur ist nicht nur Bayreuth, Salzburg, Klagenfurt, auch große Popkonzerte gehören dazu. Alltagskultur ist für mich zum Beispiel auch der neue Golf aus Wolfsburg."
In der Mehrzahl der Redaktionen setzte sich die Praxis durch, in der Berichterstattung nicht mehr nur große Theater- und Filmpremieren, bedeutende Ausstellungen, klassische Musikfestivals oder wissenschaftliche Kongresse zu würdigen, sondern, auch Ereignisse wahrzunehmen, die früher eher als "bunt" galten oder dem Boulevard bzw. der konsumorientierten Massenkultur zugerechnet wurden - wie beispielsweise der europäische Schlager-Grandprix, Lady Di's Tagebücher oder ein neuer "Tatort"-Krimi im Fernsehen.
Kurze Information statt langer Analyse
Maßgebend für die Auswahl eines Themas wurden vielfach die Kriterien "aktuell" und "interessant" sowie hoher Bekanntheitsgrad bzw. Prominenz der handelnden Personen. Die Frage nach objektiver Wichtigkeit oder gar kulturhistorischer Bedeutung gab nicht mehr den alleinigen Ausschlag. Vorrangig - zumindest im Tagesprogramm - wurde die schnelle und kurze "Information"; die ausführliche Analyse und diskursive Betrachtung wanderten in das schwach gehörte Abendprogramm. Auf diese Weise sollte der Erkenntnis Rechnung getragen werden, dass Radio tagsüber vorwiegend "nebenbei" gehört wird und auch Kulturprogrammen in erster Linie die Funktion eines "Begleitmediums" zugefallen ist.
Quotenerfolg bleibt fraglich
Legt man die Ergebnisse der Hörerforschung als richtig zu Grunde, erscheint die Bereitschaft der Radioprogramme zur "Entmythologisierung" ihres Kulturverständnisses zumindest als konsequent. Ungewiss allerdings bleibt einerseits, ob die gewünschten Effekte auf die Hörerzahlen und speziell die Akzeptanz durch jüngeres Publikum erzielt werden. Die jüngsten Daten der Media-Analyse (März 2005) lassen noch keine nennenswerten Fortschritte erkennen.
Drohender Trend zum Mainstream
Fragwürdig ist andererseits, ob die Öffnung bzw. Verbreiterung des Kulturbegriffs nicht zu einer schnell fortschreitenden Trivialisierung der Programme führt, weil im Zweifel auf das vordergründig Populäre und Publikumswirksame gesetzt wird und nicht auf das intellektuell Anstrengende oder Sperrige. Das mit den Reformen vielfach einhergehende Bestreben, ein "kulinarisches" Angebot zu machen, das niemanden überfordert, sondern zum "Genießen" einlädt und "gute Laune" verbreitet, bedingt fast zwangsläufig, das Schwierige und Komplexe zu vermeiden. Denn will ein Programm bewusst "gefallen" und eine "Wohlfühl"-Atmosphäre erzeugen, wird es Unbequemes und Unkonventionelles nach Möglichkeit aussparen und sich in der Hoffnung, breite Zustimmung zu finden, dem "Mainstream" anpassen.
Musik als Füllmasse
Deutlicher noch als bei den Wortbeiträgen zeigt sich im musikalischen Teil mancher "modernisierter" Programme, dass die Aufgabe des früheren Kulturbegriffs und das Bemühen um Popularität und Beliebtheit zu bedenklichen Fehlentwicklungen führen kann. Die Musik, gleich welcher Provenienz, wird in diesen Fällen nicht mehr wie in der Vergangenheit als eigenständiges - und schon nach Quantität beherrschendes - Thema behandelt, sondern nur noch als Klangtapete bzw. als Füllmasse verwendet, mit der die Zeit zwischen den knappen Informationen überbrückt wird.
Heitere Atmosphäre durch populäre Stücke
Entscheidend für die Auswahl der Musik ist das Bestreben, eine von der großen Publikumsmehrheit als angenehm empfundene Atmosphäre zu schaffen. Die gespielten Stücke sollen, speziell in der "Prime Time", für heitere Stimmung sorgen, leicht eingängig und kurz sein, sich für das "Nebenbei-Hören" eignen und entspannend wirken. Als sicherstes Mittel, dieses Ziel zu erreichen, gelten hoher Bekanntheitsgrad und erwiesene Popularität der Kompositionen, die fast ausschließlich aus Barock, Wiener Klassik und Romantik stammen und möglichst nicht länger als fünf Minuten dauern. Stücke, die beim Publikum einen polarisierenden oder gar irritierenden Effekt auslösen könnten, dürfen nicht vorkommen.
Ganze Epochen bleiben ausgespart
Stücke mit den gewünschten Merkmalen werden zu einem "Pool" zusammengefasst, aus dem mit Computer-Unterstützung die täglichen Musikprogramme hergestellt werden. Das bedeutet, dass nur ein winziger Bruchteil der insgesamt vorhandenen Musik-Literatur im Tagesprogramm erscheint und ganze Epochen und Werkkategorien der Musikgeschichte unberücksichtigt bleiben. Musik von Bruckner, Mahler oder Sibelius findet bei diesen Programmkonzepten so gut wie nicht mehr statt, Brahms ist fast nur noch mit "Ungarischen Tänzen" vertreten. Auch auf vollständige Sinfonien von Beethoven oder ganze Klavierkonzerte von Mozart wird man in diesen Fällen vergeblich warten - ganz zu schweigen von Werken des 20. Jahrhunderts. Stattdessen werden die für das Tagesprogramm ausgewählten "Hits" in relativ kurzen Abständen ständig wiederholt. Hörer, die eine größere Vielfalt erwarten und auch Ausgefallenes wünschen, werden auf das Abend- und Nachtprogramm verwiesen.
Problematische Rotation
So sinnvoll es ist, das Musikangebot nach Tageszeiten zu differenzieren, um dadurch unliebsame "Ausschaltimpulse" zu verhindern, so problematisch erscheint die auf einzelnen Wellen praktizierte "Rotation" einer vergleichsweise winzigen Zahl immer derselben Publikumsfavoriten, die sich auf diese Weise schnell abnutzen und den Eindruck von Eintönigkeit hervorrufen. Reaktionen aus der Hörerschaft zeigen, dass zumindest die "klassisch Kulturorientierten" großen Wert auf die kompetente Vermittlung und ausreichende Wiedergabe von Musik auch im Tagesangebot der öffentlich-rechtlichen Kulturprogramme legen und eine Beschränkung auf selektive "Hit-Paraden" nicht akzeptieren. Auch in der jüngeren Generation, so zeigen Beobachtungen aus der Praxis, geht das Interesse über das ausschließlich Populäre weit hinaus. Sofern das Radio attraktive Formen der Präsentation findet, kann es auf die Bereitschaft rechnen, auch Ungewohntes kennenzulernen und sich mit wenig Bekanntem oder Neuem auseinanderzusetzen. Gerade jüngere Hörer, so scheint es, sind offen für neuartige Erfahrungen und ungewöhnliche musikalische Begegnungen, zeitgenössische Werke eingeschlossen. Insofern sollte der mancherorts verfolgten Tendenz, die klassische Musik nur noch als akustische Kulisse nach dem Muster von Werbespots zu behandeln, entgegengewirkt werden.
Klangkörper
Vom Produktions- zum Konzertbetrieb
Die Orchester und Chöre der ARD, die gegründet wurden, um den neu entstehenden Rundfunk mit Tonaufnahmen für das Programm zu versorgen, haben sich spätestens seit den achtziger Jahren von Produktions- in Konzert-Ensembles gewandelt, die mit ihren öffentlichen Auftritten zu wichtigen Bestandteilen des lokalen und regionalen Musiklebens wurden. Zugleich haben sie sich mit Gastspielreisen ins In- und Ausland wie auch mit Schallplattenproduktionen dem internationalen künstlerischen Wettbewerb gestellt und sich dabei mehr und mehr aus der engen Bindung mit den Programmen des Rundfunks gelöst, die ihrerseits nicht mehr dringend auf die Einspielungen der hauseigenen Klangkörper angewiesen waren, sondern auf die Tonträger der rasch wachsenden Phonoindustrie zurückgreifen konnten.
Veränderte Rolle für Neue Musik
Auch die - früher zentrale - Funktion der öffentlich-rechtlichen Orchester und Chöre auf dem Gebiet der zeitgenössischen Musik hat sich gewandelt: Einerseits wandten sie sich verstärkt dem für öffentliche Konzerte benötigten Repertoire der Vergangenheit zu, andererseits betätigten sich in der Neuen Musik zunehmend auch die übrigen Orchester und Chöre. Die Pflege der aktuellen Musikszene mit Uraufführungen und experimentellen Einspielungen wird zwar immer noch wahrgenommen, hat mittlerweile aber keine dominierende Bedeutung mehr.
Vermittlung oder Entwicklung?
Auch wenn man dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorwiegend den Auftrag zur Vermittlung von Kultur zuweist und seine Aufgabe weniger als eine Art kultureller Entwicklungshilfe versteht, sollte über die Funktion seiner gebührenfinanzierten Klangkörper neu nachgedacht werden. Das gilt insbesondere für die Möglichkeiten, die sich für die Kulturprogramme des Radios ergeben könnten, wenn ihnen die Klangkörper in höherem Maße als heute unmittelbar zur Verfügung stünden. Exklusive und nur im Radio zu erlebende Aufnahmen, Interpretationen, Werkvergleiche oder -Kombinationen könnten den Sendungen zu neuer Attraktion und unverwechselbarer Originalität verhelfen. Überdies ließen sich mit Hilfe der eigenen Orchester und Chöre neuartige Formen der musikalischen Bildung und Vermittlung entwickeln, die speziell für das jüngere Publikum gewinnbringend sein könnten, zumal der Musikunterricht in den öffentlichen Schulen offenbar mehr und mehr ins Hintertreffen gerät. Solche Förderung der Musik ist auch außerhalb der Programme durch Veranstaltungen im jeweiligen Sendegebiet denkbar.
Formatradio
Prinzip von Popwellen für Kulturprogramme
Das aus den USA stammende Prinzip des "formatierten" Radioprogramms, dessen Ablauf strengen gleich bleibenden Regeln folgt, ist in den achtziger Jahren zuerst von den neuen kommerziellen Sendern praktiziert worden und wurde nach und nach auch von den öffentlich-rechtlichen Popwellen übernommen. Vergleichsweise neu ist seine Anwendung auf die Kulturprogramme, die sich bis dahin entweder als "Einschaltprogramme" mit jeweils unterschiedlichen Einzelsendungen verstanden oder eine Abfolge von moderierten Magazinen boten, die in Machart und Umfang zum Teil stark voneinander abwichen. Dort, wo es eingeführt wurde, gilt es nur für die Zeit von morgens früh bis 18 oder 19 Uhr. Das folgende Abend wie auch das gemeinsame Nachtprogramm sind von der Formatierung ausgenommen und folgen dem alten Prinzip der speziellen Einschaltsendungen.
Verlässlicher und vertrauter Begleiter
Erreicht werden soll durch den Übergang zum Formatradio, dass dem Publikum ein dauerhaft "verlässliches" Angebot gemacht wird, in dem es sich problemlos zurechtfindet und das jederzeit seinen Erwartungen entspricht. Auf diese Weise soll das Programm ein selbstverständlicher und gewohnheitsmäßig eingeschalteter "Begleiter" werden, der wohlvertraut ist und keine unliebsamen Überraschungen bereitet.
Strenge Regeln für Wort und Musik
Bedingung des "durchmagazinierten" Formatradios ist, dass sich der Charakter des Angebots nicht verändert und alle formalen Abläufe und stilistischen Elemente Tag für Tag gleich bleiben. Genau austarierte "Stundenuhren" schreiben vor, wie Musik und Wortbeiträge zu verteilen sind und welche Art von Inhalt auf welchen Zeitpunkt zu platzieren ist. Feste Regeln für Moderation und Musikauswahl sollen sicherstellen, dass die Hörer das Programm auch beim "Nebenbei-Hören" durchgehend wiedererkennen.
Enge zeitliche Grenzen
Kennzeichnend für formatierte Programme ist eine schnelle "Schnittfolge", dass also die einzelnen Wort- und Musikbeiträge einem strengen Zeitlimit unterliegen. Daraus ergibt sich, dass von vornherein nur Musikstücke Verwendung finden können, die nicht nur dem gewünschten "Sound" des Programms entsprechen, sondern auch die jeweils zugelassene Höchstdauer nicht überschreiten. Berichte, Interviews oder Rezensionen müssen sich - genauso wie die Zwischenmoderationen - ebenfalls an die knappe zeitliche Begrenzung halten und zudem bestimmte, formale Kriterien einhalten.
Originalität ist unerwünscht
Zeitliche Beschränkung sowie inhaltliche und formale Vorgaben setzen Vielfalt und Ausführlichkeit enge Grenzen. Auch Originalität oder gar individuelle Besonderheiten der im Programm hörbaren Präsentatoren sind weitestgehend ausgeschlossen, allerdings auch nicht erwünscht. Das "Personality Radio" alter Prägung wird durch die rigide Formatierung bewusst unterbunden. Gleiches gilt für programmliche Überraschungen und Außergewöhnliches.
Mangenlde Eignung für Kulturprogramme
Ob sich die strenge Formatierung auf die Dauer für Kulturprogramme eignet, muss bezweifelt werden, da sie musikalisch allzu stark einengt, tiefer gehende Darstellungen verhindert und feuilletonistischen Esprit nahezu unmöglich macht. Hinzu kommt, dass die Übernahme eines für Popwellen entwickelten dramaturgischen Prinzips auch zur stilistischen Nachahmung der dort üblichen Darbietungsart verleitet und den Hang zur Trivialisierung fördert.
Einschaltquote
Minderheiten- und Massenprogramme
Kulturprogramme werden seit jeher nur von einer vergleichsweise kleinen Gruppe von Hörern genutzt, gelten also traditionell als "Minderheitenprogramme", die nicht darauf zielen, ein Massenpublikum zu gewinnen. Gleichwohl hat man sich angewöhnt, auch an sie den für die Massenprogramme entwickelten Maßstab der Quote anzulegen und ihren Erfolg daran zu messen, welchen Marktanteil sie in den jährlich stattfindenden Media-Analysen erreichen.
Reformen wegen Quotenrückgang
Auch wenn die Medienforschung einräumt, dass die erhobenen Daten wegen kleiner Fallzahlen und möglicher Fehlermarge ein nur bedingt zuverlässiges Bild vermitteln, werden daraus regelmäßig weitreichende Schlüsse gezogen. So wurden die Programmreformen der jüngsten Vergangenheit geplant, nachdem für die jeweiligen Wellen anhaltend schlechte Quoten festgestellt worden waren. Teilweise führten die Reformen zu radikalen Änderungen und zur Aufgabe traditioneller Inhalte, so dass man von einem geradezu fundamentalen Wandel sprechen kann.
Quote und Qualität
Auch wenn die Kulturprogramme ein natürliches Interesse daran haben müssen, möglichst viele der an Kultur überhaupt interessierten Bürger zu erreichen, erscheint die Quote als Haupt- oder gar alleiniger Indikator für Qualität und Erfolg fragwürdig zu sein. Auf der Höhe der Zeit zu bleiben und überfällige Schritte zur Modernisierung in die Wege zu leiten, muss für die Programmverantwortlichen selbstverständlich sein, doch sollte dabei verhindert werden, dass sich die Programme bis zur Unkenntlichkeit verändern und ihren Wesensgehalt verlieren. Unerlässlich bei allen Reformen und Neuerungen bleiben ein behutsames Abwägen und sorgfältiges Überprüfen aller zur Debatte stehenden Mittel.
Quelle: EK-Kultur, Bundestags-Drucksache 15/369
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Bezugsquelle: Deutscher Bundestag, Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland", Sekretariat
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