Das GANZE Werk - Presseschau
Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Kultur in Deutschland“,
14. Februar 2005
Anhörung am 18. April 2005 zur
Rolle der öffentlich-rechtlichen Medien für die Kultur
„Qualitätvolle Programmvielfalt“
und/oder „Mehrheitenprogramm“
A. Vollständiger Fragenkatalog an die Experten
Pressemitteilung des Bundestages: Ankündigung und Liste der Experten |
B. Auswahlfragen zu NDR Kultur | A. Fragen als Druckversion |
Themenblock I: Abgrenzung und Einordnung von Kultur in den Medien
1. In welche Kategorien teilen Sie Ihre Hörfunk- und Fernsehprogramme ein (z.B. Information, Kultur, Sport, Politik, Unterhaltung, Bildung, Zeitgeschichte o.ä.)?
2. Welchen Kulturbegriff legen Sie bei der Definition von Kultursendungen und der Abgrenzung gegenüber anderen Kategorien und Formaten zugrunde? Was umfasst die Kategorie „Kultur“ im Hörfunk und im Fernsehen und welche Unterrubriken werden unter dem Begriff „Kultursendung“ subsummiert?
3. Inwieweit besteht ein senderübergreifender Konsens darüber, welche Sendungen unter die Kategorie „Kultur“ fallen und welche nicht mehr davon umfasst sind (z.B. Kochsendungen als „Esskultur“)?
Themenblock II: Quantifizierung von Kultur in den Medien
4. Nach einer Untersuchung der „Arbeitsgemeinschaft der ARD-Werbegesellschaften“ sind an Durchschnittstagen im Programmsektor „Information / Themenbereich Kultur“ 1.058 Minuten (= 17,6 Stunden) Programm im Fernsehen verfügbar. Gilt dieser Wert auch für das von Ihnen verantwortete Programm und wie viele Sendeminuten können davon ausschließlich der Kultur zugerechnet werden? Welche Werte gelten für den Hörfunk?
5. Zu welchen Sendezeiten werden Kultursendungen vorrangig ausgestrahlt, bzw. wie verteilen sich die Kultursendungen auf den gesamten Programmablauf im Hörfunk und im Fernsehen?
6. In welchem Größenverhältnis bewegt sich in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Personalbestand der Kulturabteilungen (sog. Hauptabteilung „Kultur“, Hauptabteilung „Musik“, Hauptabteilung „Klangkörper“ etc.) zu dem anderer Abteilungen (Wirtschaft, Gesundheit, Nachrichten, Bildung etc.)?
7. Wie verhält sich die Höhe des Budgets für die Kulturabteilungen zu dem Budget der anderen Programmsparten? Wie haben sich diese Zahlen in den letzten 15 Jahren entwickelt und welche Tendenz zeichnet sich für die Zukunft ab?
Themenblock III: Programmauftrag
8. Inwieweit werden die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihrem Grundversorgungsauftrag gerecht? Wieviel Kultur gehört zum Grundversorgungsauftrag? Welche Bedeutung spielt in diesem Zusammenhang der Programmauftrag des Rundfunkstaatsvertrages, „Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten“ (§ 11 II)?
9. In welchem Umfang werden die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ihrem „Kulturauftrag“ bereits durch das Hauptprogramm gerecht bzw. inwieweit wird er erst durch die regionalen Programme (Dritte Programme der ARD) oder durch die Spartensender (Arte, 3sat) erfüllt?
10. Die ARD beabsichtigt im Zusammenhang mit ihren eigenen Leitlinien, ihre Rolle als „größte Kultureinrichtung des Landes [zu] pflegen und aus[zu]bauen“. Das ZDF spricht gar von „Kultur als übergreifendem Prinzip seiner Programmarbeit“ und verbindet damit die eigene Verpflichtung zur „Orientierung an den kulturellen Werten und Standards unserer Gesellschaft“ sowie das Bestreben, selber „Programme von bleibenden kulturellen Wert zu produzieren“. Inwiefern wird dieser Anspruch im Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eingelöst und auf welche Weise könnte der Kultur- und Bildungsauftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten noch besser erfüllt werden?
11. Was unternehmen Sie in Ihrem Verantwortungsbereich, um eine stärkere Präsenz kultureller Sendeformate im Hauptprogramm öffentlich-rechtlicher Rundfunkanbieter zu erreichen?
12. Auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten tendieren in ihrer Betriebsorganisation dazu, programmbestimmende Voraussetzungen der Produktion als Dienstleistungen einzukaufen bzw. outzusourcen. Welchen arbeitsrechtlichen Status erhalten die in den Tochterunternehmen bzw. Dienstleistungsunternehmen Beschäftigten im Unterschied zu den direkt in den Rundfunkanstalten Beschäftigten und welchen Einfluss hat diese Entwicklung auf Inhalt und Qualität der Kulturformate?
Themenblock IV: Klangkörper und institutionalisierte Kultur in den Medien
13. Inwieweit gehört der Unterhalt von Klangkörpern (Orchester, Chöre und Big Bands) und die Beteiligung an Kulturveranstaltungen und -festivals zum Grundversorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks?
14. Welche Rolle messen Sie den Klangkörpern im Gefüge der ARD-Sendeanstalten zu und welchen Anteil am Hörfunk- und Fernsehprogramm der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben sie mit ihren Eigenproduktionen im Durchschnitt? Wie hat sich der Anteil in den letzten 15 Jahren verändert?
15. Wie beurteilen Sie die Diskussion über Fusionen oder Schließungen der Klangkörper im Vergleich zur Entwicklung bei den Sport- und Unterhaltungsformaten? Wie bewerten Sie dies vor dem Hintergrund, dass derzeit rund 2 Prozent des Gebührenaufkommens für die Klangkörper verwendet werden?
16. Warum werden bewährte und künstlerisch anerkannte Rundfunkorchester, -chöre und auch Kulturveranstaltungen und -festivals zunehmend in Sendeanstalten zur Disposition gestellt? Wer ist verantwortlich für die eingeleiteten Auflösungen und Planstellenreduzierungen? Welche Mitsprache haben dabei die künstlerischen Leiter? Welche Mitsprache haben die Rundfunkräte?
16.a) Wie beabsichtigen Sie, möglichen Bedenken der EU in Bezug auf Wettbewerbsverzerrungen durch die Gebührenfinanzierung der Orchester zu begegnen?
Themenblock V: Programmentwicklung und Qualitätsmanagement in den Medien
17. Wie beurteilen Sie Stellenwert, Entwicklung und Qualität der sog. „Formatradios“ und in wieweit sehen Sie in einer zurückgehenden Ausstrahlung zusammenhängender Themen, Beiträge oder Musiktitel eine Missachtung des öffentlichen Bildungs- und Kulturauftrags?
18. Wie könnten Hörfunk und Fernsehen durch künstlerisch anspruchsvollere Gestaltung ihrer Programme mit sprachlichen, klanglichen und bildlichen Mitteln zur ästhetischen Bildung besser beitragen? Auf welche Weise könnte mehr Interesse für Kultursendungen bei Bevölkerungsschichten geweckt werden, die bislang nur wenig interessiert sind? Was halten Sie z.B. von speziell auf kulturelle und ästhetische Bildung ausgerichteten Hörfunk- und Fernsehprogrammen, die unter Mitwirkung von Pädagogen, Künstlern, Musikern, Schriftstellern und Kultureinrichtungen erarbeitet werden, um den Schulunterricht anzuregen und zu begleiten?
19. Welche Anreizsysteme für ein kulturell anspruchsvolles Programm können Sie sich vorstellen und wie könnte die Qualität der Sendungen unter kulturellen Gesichtpunkten evaluiert werden?
Themenblock VI: Gebührenfinanziertes System und seine Beziehung zur „Einschaltquote“
20. Das Beihilferecht der EU erlaubt Gebührenfinanzierung, um Programme zu ermöglichen, die der werbefinanzierte Markt nicht finanzieren kann. Inwieweit entsprechen die Programme der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten diesem Grundsatz?
21. Wie ist die Ausrichtung der Programme auf Einschaltquoten, deren Erhebung auf die Bedürfnisse der Werbetreibenden ausgerichtet ist, angesichts des Bildungs- und Kulturauftrags der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu rechtfertigen?
22. Inwiefern bedeutet der gebührenfinanzierte Rundfunk für Sie eine Notwendigkeit zum Abbau von Kultursendungen (Stichwort „Mehrheitenprogramm“) bzw. zum Ausbau kultureller Formate (Stichwort „qualitätvolle Programmvielfalt“)?
23. Folgt nach Ihrer Ansicht die Programmauswahl dem Zuschauerinteresse oder ist das Zuschauerinteresse Folge einer bestimmten Programmauswahl? Setzen Sie auf die Souveränität der Medienkonsumenten oder auf die Erfahrung, dass der Mensch von dem geprägt wird, womit er sich beschäftigt?
24. Welche Bedeutung nimmt die zu erwartende Einschaltquote im Abwägungsprozess öffentlich-rechtlicher Programmdirektoren für oder gegen ein Format ein? Kann der Bildungs- und Kulturauftrag nicht besser mit Programmen erfüllt werden, die ohne Einschaltquotendruck einem wachsenden Kreis von Menschen auf unterhaltsame Weise an anspruchsvollere Themen und Ausdrucksformen heranführen, welche ihr Bewusstsein und ihre kulturelle Kompetenz erweitern?
25. Inwieweit sehen Sie die Zukunft des gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die GATS-Verhandlungen, die geplante EU-Dienstleistungsrichtlinie sowie die Beschwerde des VPRT in Brüssel gefährdet?
Themenblock VII: Auswirkungen für die Kultur durch Digitalisierung und Online-Angebote
26. Welche Entwicklungsperspektiven für die Kulturvermittlung und die kulturelle Praxis bieten die Online-Angebote der öffentlich-rechtlichen Medien? Werden diese Potenziale bereits ausgeschöpft?
27. Durch die zunehmende Digitalisierung der Medien entstehen neue Spartenkanäle, auch mit kulturellen Angeboten (z.B. ZDF-Theaterkanal). Inwiefern sehen Sie darin eher Vorteile oder eher Nachteile für die Kulturvermittlung?
28. Welche Folgen hat die Digitalisierung der Medien auf die Erfüllung des „Kulturauftrags“ der öffentlich-rechtlichen Medien?
„Qualitätvolle Programmvielfalt“ und/oder „Mehrheitenprogramm“ -
B. Auswahlfragen zu NDR Kultur aus dem Fragenkatalog an die Experten
Lesen Sie dazu:
Orchester statt Autos!
In Sachen Musik ist Deutschland Exportnation Nummer eins - auch dank der Klangkörper des Rundfunks. Jetzt werden sie totgespart.
Von Ernst Elitz, Intendant des Deutschlandradios
DIE ZEIT, Gedruckte Ausgabe, 17. März 2005