Das GANZE Werk - Presseschau - Dokumentation
Deutscher Bundestag - 15. und 16. Wahlperiode
Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ - Schlussbericht vom 11. Dezember 2007
Drucksache 16/7000 - Kapitel 3.2.2 - Seite 154
KULTURAUFTRAG UND KULTURELLE TÄTIGKEIT DES RUNDFUNKS
Ausschnitt 4 - Probleme
Rundfunk-Kapitel (original) | Ausschnitt 4 a | DGW-Textsammlung |
Zitate:
Die Enquete-Kommission (nimmt) auch kritische Stimmen ernst, die vor der Gefahr einer zu starken Popularisierung im Sinne einer Verflachung und Trivialisierung warnen. Das Angenehme, Publikumswirksame droht mitunter das Polarisierende und Irritierende zu verdrängen.
Die sich ausbreitende „Formatierung“ von Sendungen, das heißt das Setzen strengerer Zeitlimits und Vorgaben für die Kombination von Wort- und Musikbeiträgen, ist tendenziell eine Gefahr für Themen und Kulturtraditionen, die in erheblichem Maße auf Geist, Komplexität und Substanz setzen und daher medial nicht so leicht zugänglich gemacht werden können.
Popularisierung des Kulturangebotes341
Die Enquete-Kommission würdigt und respektiert die Gesamtleistung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Auch im internationalen Vergleich zeichnet er sich durch seine Qualität aus.
(Es folgen Beispiele des Hörfunks und des Fernsehens.)
Dennoch sieht es die Enquete-Kommission kritisch, wie der Kulturauftrag von den öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern umgesetzt wird. Sie sieht die Tendenz, dass insbesondere Kulturberichterstattungen und anspruchsvolle Fernsehfilme sich in der Hauptsendezeit weniger häufig finden, als dies wünschenswert erscheint. Damit lassen Das Erste und das ZDF ihre spezielle Chance, Kultur mit einer informierenden Begleitung auch einem breiten Publikum zugänglich zu machen, ungenutzt. Die Hauptprogramme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nehmen ihre Aufgabe, ein zentraler Navigator zu sein, der zu qualitativ wertvollen Sendungen führt, nur unzureichend wahr.
Da die öffentlich-rechtlichen Sender sich in der Pflicht sehen, auch ihr kulturelles Programm für breite Bevölkerungsschichten zu produzieren, ist die Ausweitung des Kulturbegriffs von einer klassischen Hochkultur hin zur „Alltags- und Lebenskultur der Menschen“342 (ARD) oder zur Gesamtheit der „geistigen und künstlerischen Äußerungen“343 (ZDF) notwendig. Dies darf aber nicht zur Verflachung und nicht zu einer Event-Orientierung des Programms führen. Inhaltsleere Beliebigkeit kann nicht mit einem erweiterten Kulturbegriff legitimiert werden.
Ein Beispiel für die Hinwendung zur kulturellen Alltagspraxis ist die Reform der Kulturprogramme des öffentlich-rechtlichen Hörfunks in den späten 90er-Jahren, mit der jüngere Hörer stärker angesprochen wurden und die Alltagskultur stärker Berücksichtigung fand. Die Enquete-Kommission erkennt die Notwendigkeit einer Einbindung gerade jüngerer Hörer in das Kulturprogramm an. Gleichzeitig nimmt sie aber auch kritische Stimmen ernst, die vor der Gefahr einer zu starken Popularisierung im Sinne einer Verflachung und Trivialisierung warnen. Das Angenehme, Publikumswirksame droht mitunter das Polarisierende und Irritierende zu verdrängen.
Auch wenn der Quotenerfolg dieser Reform unterschiedlich bewertet wird, belegen Reaktionen aus der Hörerschaft, dass das Interesse an der Kultur auch bei der jüngeren Generation weit über das ausschließlich Populäre hinausgeht.
Die sich ausbreitende „Formatierung“ von Sendungen, das heißt das Setzen strengerer Zeitlimits und Vorgaben für die Kombination von Wort- und Musikbeiträgen, ist tendenziell eine Gefahr für Themen und Kulturtraditionen, die in erheblichem Maße auf Geist, Komplexität und Substanz setzen und daher medial nicht so leicht zugänglich gemacht werden können.
341
Vgl. Zusammenfassung der Anhörung vom 18. April 2005 zum Thema "Rolle der öffentlich-rechtlichen Medien für die Kultur". (Kommissionsdrucksache15/519)
342
Ebd., S. 2.
343
Ebd.
Lesen Sie zum Schlussbericht der Enquete-Kommission auch:
• Leitartikel (Bericht, Dokumentation und Einschätzung)
Ein Meilenstein zu mehr Qualität im Rundfunk
Eine Empfehlung lautet: Mehr zusammenhängende musikalische Werke in der Hauptsendezeit
Von Theodor Clostermann
• Neun Handlungsempfehlungen zum Kulturauftrag des Rundfunks
Zusammengestellt von der Enquete-Kommission
• Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ - Schlussbericht - Zitate
Gehen Sie zur Übersichtsseite:
• Schlussbericht der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“
Lesen Sie außerdem aus der Materialsammlung „Der Kulturauftrag im Hörfunk“,
herausgegeben von der Initiative Das GANZE Werk (Nord), 15. Februar 2008:
„Der Kulturauftrag im Hörfunk“ (die ganze Broschüre, 16 Seiten)
Titelseite (mit Kulturniveau-Grafik)
Detailliertes Inhaltsverzeichnis, Hinweis und Herausgeber
A. Das Zuhören fördern
B. Staatliche Festlegungen zum Kulturauftrag: Staatsverträge, Bundesverfassungsgericht
C. Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ - Schlussbericht - Zitate
D. Kultursender und -sendungen für „Einschalthörer“
E. Neue Erkenntnisse der ARD-Medienforschung zu Kulturinteressierten
F. Die bisherige Programmstrategie für NDR Kultur