Das GANZE Werk - Presseschau
DIE WELT, 28. Februar 2005
Start von Deutschlandradio Kultur am 7. März - ein neues Konzept
Service-Revolution im Stunden-Takt
Deutschlandradio wird ein nationaler Kultursender
von Volker Blech
Monate ist im alten Rias-Funkhaus an einer zukunftsträchtigen Programmstruktur für die kleine Berliner Schwesterwelle des Kölner Deutschlandfunks gebastelt worden. Ab 7. März wird nun alles neu: DeutschlandRadio Berlin heißt dann Deutschlandradio Kultur - zugleich gibt es einschneidende Umbauten in den Programmabläufen. Mit der Reform geht das Deutschlandradio gewissermaßen in eine nationale Offensive. Vorab wird tiefgestapelt: "Wir machen keine Revolution", versichert Programmdirektor Günter Mühle.
Die mißtrauisch beäugte Hauptstadt weicht dem Namenszusatz "Kultur" - die erst einmal keinem Erz-Föderalen etwas zu leide tut. Aber das ist ein Trugschluß: Die Umprofilierung in ein nationales Kulturradio, das sehr wohl mit regionalen Kultursendern konkurrieren wird, ist eine Zäsur in der Radiolandschaft. Ein Sender schwingt sich zur hochkulturellen Deutungshoheit in deutschen Landen auf. Und in künftigen Diskussionen über Einsparungen und Umprofilierungen bei gebührenfinanzierten Kultursendern werden wohl die kleinen Regionalen den Kürzeren ziehen.
Ein deutschlandweites Potential von fünf Millionen Hörern sieht Wolfgang Hagen, Hauptabteilungsleiter Kultur und Musik des Senders. Bislang allerdings schaltet davon nur etwa jeder 20. DeutschlandRadio ein. Das soll sich ändern. Hagen verkündet den Abschied vom Magazinformat der siebziger Jahre, die Zukunft gehört dem Stunden-Schema. Die neuen Programmfenster von 9 bis 12 und 14 bis 17 Uhr eröffnen schnelle Einblicke in Hochkultur und Boulevard. Eigenständigen Musikblöcke dazwischen können eine neue Mozart-CD in den Mittelpunkt stellen, eine Rock-Tournee begleiten oder ein Festival preisen. Und es soll mehr Tips geben: wohin am Abend in Deutschland? Jeweils mittwochs werden neu anlaufende Kinofilme vorgestellt.
Deutschlandradio will tagsüber einer der schnelleren Sender werden. Es bleibt der Spagat zwischen den Autoradio-Zuschaltern, die mal nebenbei informiert werden wollen, und den traditionsbewußten Kulturhörern, die abends ihre klassischen Konzerte und ihre Hörspiele ausgebreitet bekommen. Man bekennt sich zum modernen Kulturbegriff mit Mozart, Schönberg und den Stones. Das Programm wird sicher keinem Althörer wehtun. Zumal das Wortangebot erweitert werden soll - und der Sender sich nach wie vor als erste Adresse in Sachen Hörspiel versteht. Neu sind die sogenannten "Wurfsendungen" - witzige Minihörspiele am Ende jeder Radiofeuilleton-Stunde.
Auch in den Abendstunden soll es mehr Aktualität geben. Dazu gehört die tägliche Kulturbilanz. Premierenbesucher können künftig auf dem Weg ins Theater bei "Fazit" um 19.07 Uhr das Interview mit dem Regisseur hören und auf dem Rückweg um 23.07 Uhr bei "Fazit" die Kurzkritik.
Service versprechen auch täglich sechs Buchkritiken. Eine wird im bei der Programm-Präsentation eingespielt: "Muß man sich dieses Buch kaufen", fragt der Redakteur - "Nein", antwortet der Kritiker. Das nennt man wahren Service.
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