Das GANZE Werk - Presseschau

«M» MENSCHEN - MACHEN - MEDIEN 11/2004 - Medienpolitische ver.di-Zeitschrift, Berlin


Rappeln im Kulturkarton
Realo, Irrealo? - Kritische Würdigung eines Artikels voller Offenbarungen

1. Der bisherige Vorsitzende des NDR-Rundfunkrates, Dr. Karl-Heinz Kutz, nimmt zum ersten Mal öffentlich zur Initiative Das GANZE Werk Stellung:
„Wir wollen und müssen ein Programm machen, das den Bürgern gefällt, niemanden ausgrenzt und attraktiv ist. Kultur ist ein Begriff, den man sehr eng und sehr weit fassen kann. Kultur ist mehr als Musik. Aber ich schätze es sehr, wenn Hörer sich mit Herzblut am Programm des NDR beteiligen.“ Daher werde sich der Programmausschuß auf seiner nächsten Sitzung im kommenden Januar auch „mit der Entwicklung bei ‚NDR Kultur‘ erneut beschäftigen. Wir sind bedacht, auf Qualität zu kucken“. (Zur Rotation im Vorstand des NDR-Rundfunkrates siehe NDR - Presse aktuell vom 22. Oktober 2004)

2. Programmdirektor Gernot Romann Anfang Oktober:
„Dem Initiativkreis gehören nach unserer Erkenntnis rund 100 Mitglieder an.“
Herr Romann, warum nehmen Sie die persönliche Entscheidung von 470 (in Worten: vierhundertundsiebzig) Hörern überhaupt nicht wahr?
Im Artikel von M heißt es:
„Das GANZE Werk“ kann mittlerweile 570 Mitglieder und 1360 unterstützende Personen vorweisen. Eine Zahl, die vom NDR angezweifelt wird.
Zum Vergleich die dokumentierte Zahl wenige Tage vorher, am 29. September 2004, inzwischen hat die Initiative schon mehr als 760 Mitglieder.)

3. „NDR Kultur wird täglich von mehr als 240.000 Menschen eingeschaltet.“ Das sei ein „Beweis, dass ihnen das Programm gefällt“.
Sind Sie sich da so sicher, Herr Romann? Ja? Na gut. Dann informieren Sie doch endlich Ihre Hörer über die unterschiedlichen Vorstellungen zum Programm! Fragen Sie die Hörer nach Ihrer Meinung! Der NDR liebt sie doch sonst so, die Höreraktivitäten.

4. „Zuschriften unserer Hörer nehmen wir ernst. Für organisierte Kampagnen gilt das bedingt.“
Herr Romann, warum sind für Sie Hörer, die sich nach erfolgloser individueller Korrespondenz zu einer solidarischen Aktion zusammenschließen, keine vollwertigen Menschen? Welchen Maßstab legen Sie denn an? Geht es nach dem Prinzip: Wie es mir gefällt? Bonus-Faktor für die Lieblinge, Malus-Faktor für die, die den Kulturabbau bei NDR Kultur verhindern wollen? Verrückte Welt.
Was sind dann noch die Zahlen der beiden Hörerbefragungen wert, auf die Sie sich ständig berufen und die Sie als Ihr Geschäftsgeheimnis hüten?
„Bei der Wiedergabe von Meinungsumfragen, die von Rundfunkveranstaltern durchgeführt werden, ist ausdrücklich anzugeben, ob sie repräsentativ sind.“ (Rundfunkstaatsvertrag)

5. In dem Artikel der Zeitschrift M heißt es:
Mindestens einmal am Tag solle wieder ein ganzes Werk für vier Stunden zu hören sein, egal ob vollständige Symphonie oder komplette Oper.
Das erste geht doch gar nicht, das zweite verlangt doch keiner. Desinformation.
Man fragt sich, Herr Romann, welche magischen Kräfte Sie dem Anschein nach entfalten, um in der Presse unsere Erwartung derartig entstellen zu lassen wie später auch bei den „Lübecker Nachrichten“ und der taz.
Wir möchten von 6 bis 19 Uhr mindestens vier Stunden lang über den Tag verteilt auf bewährtem kulturellen Niveau GANZE Werke hören.

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