Das GANZE Werk - Rettet „Bayern 4 Klassik“ auf UKW
tageszeitung (taz), 22. November 2006/Das Ganze Werk, 25. November 2006
Junge Welle und Bayern 4 Klassik, „Wellenkampf in Bayern“ (taz)
BR-Rundfunkrätin Martina Kobriger vom Bayerischen Jugendring
meldet sich zu Wort
„Radio nur im Internet, das ist doch Unsinn...“, und:
„Es ist uns nicht daran gelegen, die Interessen jüngerer und älterer Hörergruppen gegeneinander auszuspielen.“
Erläuterungen zu dem taz-Artikel vom 22. November 2006:
Wellenkampf in Bayern - Befürworter eines BR-Jugendradios auf UKW wollen die Senderentscheidung pro Klassik-Kanal nicht hinnehmen
Von Theodor Clostermann
Unter der Überschrift „Wellenkampf in Bayern“ meldet die tageszeitung (taz) am 22. November, dass die Befürworter einer bayerischen Jungen Welle auf UKW die Entscheidung der Geschäftsführung pro Bayern 4 Klassik nicht hinnehmen wollen, von der BR-Hörfunkdirektor Dr. Johannes Grotzky im Interview mit der Süddeutschen Zeitung am 16. November berichtete:
Es ist nicht die Absicht der Geschäftsführung, die Junge Welle zu Lasten von Bayern 4 Klassik auf UKW zu verbreiten.
Dazu führt die taz im Einzelnen aus:
Doch jetzt artet die Diskussion um ein öffentlich-rechtliches Jugendradio in Bayern zu einem Kampf der Kulturen aus. Die Frontlinie im Freistaat heißt: klassische Musik gegen Alternative/HipHop/Independent/Electro. Nachdem in den letzten Wochen Institutionen wie der Bayerische Musikrat Front gegen einen Jugendsender machten, tun sich nun jungen Hörer und junge PolitikerInnen parteiübergreifend zusammen, um für einen eigenen Sender auf UKW zu streiten.
Der Bayerische Rundfunk hat zwar fünf UKW-Wellen, aber im Gegensatz zu den anderen ARD-Anstalten keine eigenständige Jugendwelle. In einem Interview am 26. Januar 2006 im Rheinischen Merkur hatte BR-Intendant Professor Thomas Gruber deshalb eine Jugendwelle angekündigt und angedeutet, dass dies auf Kosten der Kulturwelle Bayern 4 Klassik geschehen solle. Nachdem der BR-Hörfunkausschuss Anfang Oktober diesen Vorschlag abgelehnt hatte, wurde diese Idee nach dem Bericht aus dem Ausschuss auf der BR-Rundfunkratssitzung am 12. Oktober von verschiedenen Seiten wieder nach vorn gebracht. Die nmz hatte schon entschiedene Befürworter bei Vertretern wirtschaftlicher Interessen benannt. Ergänzend dazu teilt die taz jetzt mit, auch wenn die Positionen, z.B. bei der CSU (vgl. Kunstminister Thomas Goppel) und Grünen (vgl. Christine Stahl) nicht einheitlich zu sein scheinen:
In der Oktober-Sitzung des Rundfunkrates hatten sich Vertreter von SPD, CSU und Grünen für ein junges Programm auf UKW stark gemacht und immer wieder auf die geringe B4-Quote verwiesen.
So weit geht es also schon: Mit der Quote wird die Kultur ausgezählt. Das ist bisher einmalig.
So, wie wir es am 21. November in dem Leitartikel zur kommenden Rundfunkratsitzung am 7. Dezember als wahrscheinliches Szenario dargestellt haben, regt sich nun Widerstand, um die bisher letzte Entscheidung der Geschäftsführung, die nach der letzten Rundfunkratssitzung erfolgte, über einen vom Rundfunkrat zu beschließenden Auftrag zu revidieren. Jetzt sind es die Jugendorganisationen, an ihrer Spitze die Präsidentin des Bayerischen Jugendrings, Martina Kobriger (39):
Doch die Jungen wollen das nicht hinnehmen: „Radio nur im Internet, das ist doch Unsinn für eine Altersgruppe, die ständig on the road ist“, so Martina Kobriger, Rundfunkrätin und Präsidentin des Bayerischen Jugendrings (BJR), gegenüber der taz. „Dem Bayerischen Rundfunk muss auch klar sein, dass damit eine soziale Auslese stattfindet: Digitalempfänger kosten um die 200 Euro und Internetradio ist mangels DSL nur in den Ballungsräumen empfangbar.“ Mit der Jungen Union wollte der BJR auf einer gemeinsamen Vorstandssitzung gestern Abend das Vorgehen abstimmen. Denn auch die CSU-Jugendorganisation ist nicht einverstanden mit der herrischen BR-Entscheidung. „Wir teilen die Ansichten des BJR“, so der JU-Vorsitzende und Europaparlamentarier Manfred Weber gegenüber der taz. Es sei offensichtlich, dass es in den bestehenden Programmen zu wenig Angebote für junge Leute gebe.
Ist es wirklich ein Kampf um Sender, ein „Kampf der Kulturen“ (taz), ein Kampf der Generationen (inszeniert vom Intendanten und vom Hörfunkdirektor), eine „Reise nach Jerusalem“, bei der für eine Person ein Stuhl fehlt?
Ist es ein wirkliches oder ein manipuliertes Entweder-Oder?
Dass jugendliche Hörer vom öffentlich-rechtlichen bayerischen Hörfunk nicht ausreichend versorgt werden, dass ihnen gegenüber der Informations- und Bildungsauftrag nicht ausreichend erfüllt wird, ist die eine Seite. Dass die Musik- und Kulturliebhaber den Kulturauftrag als schützenden Anker haben, ist aber die andere - Quote hin, Quote her. Stuhl hin, Stuhl her. Und das ist angesichts der wahrscheinlich im nächsten Frühjahr kommenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und der EU-Kommission zum öffentlich-rechtlichen Gebührensystem in Deutschland ernst zu nehmen.
In einer anschließend am 22. November veröffentlichten Pressemitteilung des Bayerischen Jugendrings, ein bisschen versteckt, aber doch deutlich in den Worten, erklärt Martina Kobriger:
Ich warne vor einer sozial ungerechten Lösung, die bestimmte Gruppen junger Hörerinnen und Hörer von diesem Angebot ausschließt. Es ist uns nicht daran gelegen, die Interessen jüngerer und älterer Hörergruppen gegeneinander auszuspielen. Aber es ist die Aufgabe des Bayerischen Rundfunks, mit den zur Verfügung stehenden Sendefrequenzen eine Lösung zu finden, die allen Bevölkerungsgruppen ein öffentlich-rechtliches Informations- und Bildungsangebot macht, auch einer Hörerschaft unter 30. Wir fordern die Verantwortlichen daher auf, alle Möglichkeiten umfassend zu prüfen und die Bedürfnisse junger Menschen ernst zu nehmen.
Ist dies nicht nur ein Appell für die eigene Sache, sondern auch ein Appell gegen falsch gestellte Fronten?
Beim Bayerischen Rundfunk wird man wohl mit dem Spektrum von fünf Wellen irgendwie zusammenrücken müssen.
Dann ist am Abend des 21. November 2006 zunächst einmal - wie es schon aus der taz herauszulesen war - die Initiative „Junge Welle auf UKW“ gegründet und eine Unterschriftensammlung begonnen werden.
Es geht weiter. Auch der Bayerische Musikrat sammelt, weiter. Am Freitag, 24. November, ist er bei 18.000 Unterschriften angekommen.
Verfasst am 23. und 25. November 2006
Unterstützen auch Sie die Unterschriftensammlung des Bayerischen Musikrats
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