Das GANZE Werk - Rettet „Bayern 4 Klassik“ auf UKW
Lesen Sie das Interview, das die Diskussion zur Abschaffung von „Bayern 4 Klassik“ auf UKW und im Kabel eingeleitet hat.
Rheinischer Merkur, 26. Januar 2006
Teil zum Thema: Jugendwelle statt Bayern 4 Klassik
Ausschnitt:
Rheinischer Merkur: Welches Programm soll der Jugendwelle geopfert werden?
Professor Dr. Thomas Gruber: Geopfert wird keines. Es ist aber vorstellbar, dass wir Bayern 4 Klassik eines Tages nicht mehr über UKW verbreiten, sondern digital und flächendeckend in viel besserer Klangqualität als heute üblich. Ich finde es nicht verwerflich, sich vorzustellen, einem attraktiven, jungen Programm die UKW-Frequenz zu geben und ein sehr viel kleineres, anspruchsvolles Klassik-Publikum, das jetzt schon in erheblicher Zahl auf das Kabel zurückgreift, auf digitalem Weg zu bedienen.
Interview mit Professor Dr. Thomas Gruber, Intendant des Bayerischen Rundfunks
„Wir bräuchten eine eigene Jugendwelle im Radio“
„Es ist vorstellbar, dass wir Bayern 4 Klassik eines Tages (...) digital und flächendeckend in viel besserer Klangqualität als heute üblich (verbreiten)“
Rheinischer Merkur: Wo soll der Bayerische Rundfunk in zehn Jahren stehen?
Professor Dr. Thomas Gruber: Wir sollten unsere Stellung im Verbund der Dritten Programme halten. Ich sehe die Zukunft nicht darin, sich an den Global Players zu orientieren. Gerade in einer Zeit, da wir die Globalisierung am eigenen Leib - und nicht immer angenehm - spüren, ist es wichtig, Nahwelt zu vermitteln. Ich könnte auch sagen: Heimat. Unsere Zukunft liegt in Bayern. Es gibt kein anderes Land in Deutschland mit solchem „Reichtum“. Das beginnt bei den Dialekten, geht über die Landschaften bis zu den kulturellen Ereignissen jeden Tag, landauf, landab. Für das Selbstverständnis der Bayern hat mein Vorgänger Albert Scharf den treffenden Slogan erfunden: in der Welt zu Hause, in Bayern daheim.
Das Durchschnittsalter des BR-Zuschauers liegt bei 62 Jahren. Mit einem Heimatprogramm werden Sie es nicht senken. Stört Sie das nicht?
Auch junge Menschen haben in der Regel ein ausgeprägtes Heimatgefühl, das sich freilich stark von dem der älteren unterscheidet. Darauf müssen wir Rücksicht nehmen. Früher haben wir versucht, die Jugend durch einzelne Jugendsendungen zu erreichen, aber solche Programminseln nützen so wenig wie eine Jugendseite in der Tageszeitung. Wir bräuchten eine eigene Jugendwelle im Radio und ein spezielles Fernsehangebot für junges Publikum. Aufgrund des so genannten Austauschgebots würde das allerdings bedeuten, dass wir ein bestehendes Programm einstellen müssten, und das ist nicht spruchreif.
Die ARD könnte auf die Rechte an der Fußballbundesliga verzichten und das Geld in ein ordentliches Jugendprogramm investieren.
Ein kühner Gedanke. Aber so einfach wird das kaum gehen, siehe Austauschgebot. Ein zusätzliches Jugendprogramm dürften wir gar nicht anbieten. Und was das viele Geld angeht: Wir machen ja nicht den gesamten Preispoker im Fußball mit. Wir haben zum Beispiel die Rechte an der Fußballeuropameisterschaft 2008 in der Schweiz und Österreich für den von uns gebotenen Preis nicht bekommen und werden auch dem jetzigen Rechteinhaber nicht mehr bieten können. Aber ich habe den Standpunkt: Wir würden auch überleben, wenn wir das Turnier nicht im Programm hätten. Was den Hörfunk betrifft: Das müsste ein Programm mit jugendlicher Anmutung aus einem Guss sein.
Ein durchhörbares Programm.
In diesem konkreten Fall passt das ungeliebte Wort einigermaßen. Generell kann es für den Hörfunk aber nicht gelten. Es gibt auch Leute, die gezielt das Radio einschalten und zuhören wollen.
Welches Programm soll der Jugendwelle geopfert werden?
Geopfert wird keines. Es ist aber vorstellbar, dass wir Bayern 4 Klassik eines Tages nicht mehr über UKW verbreiten, sondern digital und flächendeckend in viel besserer Klangqualität als heute üblich. Ich finde es nicht verwerflich, sich vorzustellen, einem attraktiven, jungen Programm die UKW-Frequenz zu geben und ein sehr viel kleineres, anspruchsvolles Klassik-Publikum, das jetzt schon in erheblicher Zahl auf das Kabel zurückgreift, auf digitalem Weg zu bedienen.
Wenn Sie so lieblos mit Ihrer Klassikwelle umgehen, warum schließen Sie Bayern 4 Klassik nicht ganz?
Was heißt da lieblos? Wir wollen unser Klassikangebot nicht einstellen, schließlich gibt es dafür ein beachtliches Hörerpotenzial von drei bis fünf Prozent der Bevölkerung. Wir müssen uns allerdings fragen, warum wir nicht mehr von diesen potenziell Interessierten mit unserem Programm erreichen. Vielleicht müssen wir noch mehr auf die Hörgewohnheiten unseres Publikums eingehen, auch abhängig von der Tageszeit.
Die Fragen stellten Christiane Florin und Michael Rutz.
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