Das GANZE Werk - Presseschau

Berliner Morgenpost, 20. Februar 2006

Zitat: Was als Sahnestück der sieben RBB-Hörfunkwellen gedacht war, erweist sich heute als Problemfall.

Kultur

Zwischen „Abfragerei und Fahrstuhlmusik“

Vom Sahnestück zum Problemfall: Intendantin Dagmar Reim hat das Kulturradio des RBB zur Baustelle des Senders erklärt

Von Michael Link

Die Moderation sei oft „professoral“ auf hohem Roß, es fehle ihr an freundlicher, „gefälliger“ Frische, Interviews näherten sich häufig der „Abfragerei“ an und die viel zu enge Musikauswahl der Klassiker der Romantik erinnere nahezu an „Fahrstuhlmusik“: Das Urteil, das der Programmausschuß auf der jüngsten Sitzung des RBB-Rundfunkrates über das zum 1. Dezember 2003 renovierte Kulturradio des RBB fällte, war eindeutig: „Die Welle erfüllt nicht die in sie gesetzten Erwartungen“.

Denn was als Sahnestück der sieben RBB-Hörfunkwellen gedacht war, erweist sich heute als Problemfall. Zwar hat die Welle gut zwei Jahre nach ihrem Umbau zu einem kleinteiligen „Durchhör-Radio“ jüngere Hörer gewonnen - das Durchschnittsalter liegt laut Hörfunkdirektorin Hannelore Steer bei rund 52 Jahren. Doch mehr Hörer, als die alte Welle hatte, konnten nicht interessiert werden: Die Zahl dümpelt wie vor dem Relaunch bei rund 33.000. Damit scheint sich zu erfüllen, was Kritiker der Reform damals voraussagten: Mit der Verkleinerung von Formaten und Abschaffung liebgewonnener Sendungen wie der Lesung schaffe man sich keine neuen Freunde, sondern „zerschreddere“ die Kulturwelle. Da half auch die Reform der Reform im vergangenen Jahr nichts, die die Lesung zurückbrachte. Ein Ausschußmitglied machte die aktuelle Reichweite des Senders an der „Schwelle der Bedeutungslosigkeit“ fest.

Intendantin Dagmar Reim hat nun das Kulturradio zur Baustelle des Senders erklärt. „Das Unternehmensziel 2006 lautet: Wir wollen besser werden“, kündigte sie an. Denn mit dem Erreichten könne man nicht zufrieden sein - auch wenn alle Kulturwellen der ARD unter geringer Akzeptanz litten. Die Besserung soll mit der gleichen Mannschaft unter Wellenchef Wilhelm Matejka eingeleitet werden. Die Zeit drängt. Im März wird die nächste Reichweiten-Ermittlung veröffentlicht. Sie dürfte den Zwang zum Handeln eher noch verstärken.

Lesen Sie zur 25. RBB-Rundfunkratssitzung am 9. Februar 2006 in Potsdam:
Rundfunkratsvorsitzende: „Es hat ganz arg gerappelt“
Teil 1: Bericht von der Diskussion über rbb-kulturradio im Programmausschuss
„Alles in allem muss man leider feststellen, dass die Welle mit 0,9 Prozent Reichweite immer noch nicht die in sie gesetzten Hoffnungen und Erwartungen erfüllt.“
Die Leitung des Hauses flieht vor einer Diskussion über die „Philosophie des Programms“
Teil 2: Bericht von der Diskussion über rbb-kulturradio im Programmausschuss
Mit einer kurzen kritischen Anmerkung vom GANZEN Werk
Bewundernswerte Logik: Die Alten werden ausrangiert!
Intendantin Reim verkündet das Unternehmensziel 2006
„Dieses Jahr stellt der RBB Kulturradio in den Mittelpunkt seiner Anstrengungen.“
Intendantin Reim zum Arbeitsgerichtsverfahren Demmler
„Das Arbeitsgericht schloss sich unserer Bewertung des Vorfalls grundsätzlich an...“