Das GANZE Werk - Zur Diskussion gestellt

Teil 4 zum Goebbels-Zitat: Zweierlei Maßstab des RBB

Riesenhaft hier

Zwergenhaft da

Der kritische Musikredakteur wird als „Straftäter“ und „Denunziant“ entlassen

Schonend wird die Moderation mit dem Goebbels-Zitat als „nicht glücklich“ kritisiert


Von Theodor Clostermann, Das GANZE Werk

Nun schlägt das „Trommlerherz“: Drei Intendanten sind über den Missbrauch von Zitat und symbolischer Unterschrift informiert

Wer eingeweiht ist, wartet auf eine Erklärung.

Vom RBB,
- dessen Musikchef Detig das Goebbels-Zitat losgetreten hat.

Von RBB-Intendantin Reim,
- in deren Sender erklärt wurde, das Goebbels-Zitat sei heutzutage gültig, und
- die vom erzürnten Musikredakteur Demmler informiert, aufgeklärt wurde.

Von NDR-Intendant Plog oder WDR-Intendant Pleitgen,
- in deren Namen der Musikchef Detig gesprochen hatte,
- die durch den Musikchef in Misskredit gebracht wurden und
- die auch vom erzürnten Musikredakteur informiert, aufgeklärt wurden.

NICHTS!

RBB: Schonende, sanfte Kritik an Detig...

Denn später wird RBB-Sendersprecher Ulrich Anschütz sagen: Die Moderation Detigs sei „nicht glücklich“ gewesen (siehe unten: dpa-Meldung).

Das RBB-Kultur-Morgen-Team liegt durch Fehler von Spielführer Detig mit 1:3 zurück
- 1:0   das „Trommlerherz“ - kreativ,
- 1:1   das Zitat war gar nicht nötig
- 1:2   das Zitat wird verkürzt, entstellt und verharmlost
- 1:3   die schreckliche Bedeutung des Zitats für die NS-Herrschaft wird übergangen,

und der beste Mann schießt dann auch noch das abschließende Eigentor:
- 1:4   das Zitat sei ohne weiteres heute gültig,

ein „nicht glücklicher“ Spielverlauf?

„Aktualität und Kompetenz, Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit, gründliche Recherche“, dafür steht unter anderem der RBB laut Intendantin Reim und den von ihr am 14. Februar 2005 veröffentlichten „Zielvorgaben des RBB zur Erfüllung seiner programmlichen Aufgaben“ (siehe gedruckte Seite 4).

Eine Klarstellung zu etwas, was Detig richtig gemacht hatte...

Ferner wird Anschütz sagen: es habe sich auf keinen Fall um eine Verherrlichung oder Verharmlosung von Goebbels gehandelt (siehe ebenfalls dpa-Meldung). Wie wahr! Sagte Detig doch:

Ich lasse es aber lieber (das Unterschreiben des Zitats), denn dieses Zitat stammt von - bitte anschnallen! - Joseph Goebbels.

Nur die Person Goebbels hat Detig von einer symbolischen Unterschrift abgehalten, nicht aber der Inhalt des Zitats, das er mit positivem Elan für heute vertreten hat. Richtigerweise hätte Anschütz also ergänzen müssen: „...aber möglicherweise um eine Verherrlichung oder Verharmlosung der Rede von Goebbels zur Eröffnung der Rundfunkausstellung 1936.“ Das wäre ehrlich gewesen.

Keine inhaltliche Kritik zu Detigs Fehler...

Strafrechtlich relevant wird es nach § 131 Strafgesetzbuch dann, wenn jemand „Schriften“ „verbreitet“ oder einen solchen „Inhalt“ „durch Rundfunk verbreitet“, „die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt“ und wenn dieses nicht mehr durch das Recht auf freie Meinungsäußerung nach Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt ist.

Angewandt auf den Fall der Moderation: der Inhalt des Goebbels-Zitates - in der verkürzt gesendeten Form, aber auch im ganzen Zusammenhang - schildert für die Nützlichkeit des Hörfunks in der NS-Zeit die Gewalttätigkeiten der NS-Herrschaft in einer verharmlosenden, propagandistischen Art. Dieses Zitat hat Detig bei RBB-Kulturradio verbreitet. Aber nicht als Selbstzweck, sondern um seine Meinung - in einer untauglichen Art, wie ich meine - zur Kulturradio-Debatte zu vertreten. Womit er unnötigerweise das Zitat in Umlauf gebracht hat, als Vorlage für andere. Ein politischer Fehler.

Und ein Bonmot, eine verbale Kritik

Schließlich wird Anschütz anonym von der Diskussion im Sender zitieren, es sei eine „steile Anmoderation“ gewesen (siehe unten: „Berliner Morgenpost“ und „DIE WELT“). Unabhängig davon, was nun Moderatoren darunter verstehen mögen - einem normalen Zeitungsleser verschließt sich diese Erkenntnis -, es ist nur eine Kritik am Wirkungsgrad, möglicherweise so: flach = zu schwach, steil = zu heftig. Die Moderation war garantiert nicht spontan: die wortwörtlich richtige Wiedergabe des Zitats spricht dagegen, außerdem ist der Einfall mit den Intendanten zu schwerwiegend, um ihn gleich unvorbereitet öffentlich zu machen. Um im obigen Bild des Fußballs zu bleiben: es war auch kein Steilpass, der sogar ein unerwartet schnelles Durchkommen einleiten kann, nein, es war ein Fehlpass.

... aber ein Donnerschlag gegen Musikredakteur Demmler,
heimlich hinter verschlossenen Türen!

Am Mittwoch, den 10. August 2005, meldet die Frankfurter Allgemeine Zeitung:

die Entlassung eines Musikredakteurs beim RBB-Kulturradio (hat) zumindest innerbetrieblichen Wirbel ausgelöst.

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. August 2005

Bitte anschnallen

Ein Goebbels-Zitat im Radio sorgt im RBB für Aufruhr

Von Christian Deutschmann

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Bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate liegen beim Rundfunk Berlin-Brandenburg die Nerven blank. Nachdem zum Jahreswechsel die Kündigung des in Berlin und Umgebung überaus populären Fernsehmoderators Jan Lerch für Furore sorgte, hat nun die Entlassung eines Musikredakteurs beim RBB-Kulturradio zumindest innerbetrieblichen Wirbel ausgelöst.

Die Senderleitung entschloß sich zu diesem Schritt, nachdem jener Redakteur mehreren ARD-Intendanten die Abschrift eines Moderationstextes zukommen ließ, mit dem der Musikchef des Kulturradios, Christian Detig, Ende Mai seine Hörer zu früher Morgenstunde überrascht hatte. Es handelte sich um ein längeres Zitat von Joseph Goebbels. Der einstige Reichspropagandaminister hatte 1936 zur Eröffnung der Rundfunkausstellung wegweisende Worte für einen Rundfunk im Nazireich gefunden und dabei für „Entspannung und Unterhaltung“ plädiert, denen gegenüber „die wenigen, die nur von Kant und Hegel ernährt werden wollen, kaum ins Gewicht“ fielen. „Das“, so hatte Detig hinzugefügt, „könnte so ohne große Abstriche jeder ARD-Intendant auch unterschreiben, ich übrigens auch.“ Die Einschränkung, die Detig folgen ließ - „Ich laß' es aber lieber, denn dieses Zitat stammt von - bitte anschnallen - Joseph Goebbels“ - fiel als Mittel der Distanzierung denkbar knapp aus.

Daß auf dieser Welle, die sich seit umfangreichen Programmreformen Ende 2003 heftige Kritik gefallen lassen muß, ausgerechnet Goebbels, wenn auch nur im Konjunktiv, als Vordenker heutiger Radiokultur herhalten mußte, brachte viele Redakteure in Harnisch. Und so machte Detigs wohl als flapsiger Gag verstandenes Goebbels-Zitat alsbald in den Redaktionen die Runde, ohne daß es in der Abteilung darüber zur offenen Aussprache kam. Die bewirkte erst das Vorgehen jenes Mannes aus der Musikredaktion, der das Zitat den Intendanten zur Kenntnis brachte. Seine Abschrift verschickte er allerdings ungeschickterweise mit einem fingiertem Absender. Was juristische Folgen geradezu herausfordert. Von einer „aufgewühlten“ Atmosphäre und der Solidarisierung fast aller Kollegen wurde nach der auf die Kündigung folgenden Vollversammlung der Kulturradio-Mitarbeiter am vergangenen Freitag berichtet. Den Musikchef Detig haben wir vergebens um eine Stellungnahme gebeten. Statt seiner meldete sich der Sendersprecher Ulrich Anschütz und sagte, daß das Goebbels-Zitat „möglicherweise nicht besonders glücklich“ gewesen sei. Zu der Kündigung könne man nicht Stellung nehmen, da es um eine Einzelpersonalie gehe.

Also verläuft die Geschichte wie so oft im RBB: Wie im Fall Jan Lerch gibt es mehr Fragen als Antworten. Wieder ist von fehlender Kommunikation zwischen Redaktionen und Senderleitung und überhaupt von „schlechter Stimmung“ im Berliner Haus die Rede. Dazu paßt die gute Laune, die das „Tagesbegleitprogramm“ des Kulturradios unermüdlich verbreitet, wie die Faust aufs Auge. Und auch auf die anscheinend allein seligmachenden Hörerzahlen kann man sich immer weniger berufen. Die sind nämlich gerade wieder einmal gesunken: von 1,4 Prozent auf magere ein beziehungsweise (am Wochenende) 0,9 Prozent.

Anders als gedacht, kommt die Moderation des Goebbels-Zitates in die Schlagzeilen. Die rigide, in der Schärfe kaum zu überbietende Sanktion des RBB gegen den Musikredakteur Demmler, selbst die - wie viele meinen - Unverhältnismäßigkeit des Mittels der fristlosen Entlassung wegen der falschen Unterschrift Demmlers bringt das Fass zum Überlaufen. Und auf der anderen Seite finden wir den schonenden, sanften Umgang des RBB mit seinem Musikchef Detig. Zweierlei Maßstab: riesenhaft hier, zwergenhaft da.

Wozu Detig in seiner Moderation nicht fähig war, das beschreibt Redakteur Christian Deutschmann kurz und treffend: Die Rede von Goebbels aus dem Jahr 1936 enthält „wegweisende Worte für einen Rundfunk im Nazireich“, es war eine Provokation, dass „ausgerechnet Goebbels, wenn auch nur im Konjunktiv, als Vordenker heutiger Radiokultur herhalten mußte“. Deutschmann ist überhaupt der einzige Redakteur der Tagespresse, der diese beiden Sachverhalte darstellt.

Von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bloßgestellt - der RBB kontert mit einer dpa-Meldung

Nun kommt der RBB in Fahrt. Gleich am Nachmittag wendet er sich über eine dpa-Meldung an die Öffentlichkeit. Aus der vorläufigen Kritik in der FAZ, „möglicherweise nicht besonders glücklich“, wird das engültige, schon oben zitierte „nicht glücklich“. Und die Worte des RBB-Sendersprechers Ulrich Anschütz heizen die Stimmung weiter an:

Deutsche Presse Agentur (dpa), 10. August 2005, 15.15 Uhr

Medien/Rundfunk/Berlin/

Streit um Goebbels-Zitat im RBB-Kulturradio

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Berlin (dpa) - Ärger um ein Goebbels-Zitat im Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB): In der Anmoderation zu einer Kritik des Stücks «Goebbels» am Deutschen Theater hatte der Musikchef des Kulturradios, Christian Detig, aus einer Rede des NS-Propagandaministers zitiert. Die Moderation sei «nicht glücklich» gewesen, es habe sich aber auf keinen Fall um eine Verherrlichung oder Verharmlosung von Goebbels gehandelt, sagte Sendersprecher Ulrich Anschütz am Mittwoch. Gleichzeitig bestätigte Anschütz die Kündigung eines RBB-Redakteurs, der unter falschem Namen ARD-Intendanten über den Vorgang informiert hatte.

Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» hatte am Mittwoch berichtet, der mittlerweile entlassene Redakteur habe den Intendanten geschrieben, weil es innerhalb der Kulturwelle keine Aussprache über den Vorfall gegeben habe. Anschütz erklärte dagegen, nach der umstrittenen Moderation habe es in der Redaktion offene und kontroverse Aussprachen auf Initiative von Wellenchef Wilhelm Matejka gegeben. «Der Vorwurf fehlender Kommunikation zwischen Redaktion und Senderleitung ist abwegig.» Hörfunkdirektorin Hannelore Steer, der Wellenchef und der Personalchef hätten die Mitarbeiter des Kulturradios nach der Kündigung über alle Hintergründe informiert, sagte Anschütz. Der Brief mit falschem Absender sei strafrechtlich relevant und eine Denunziation. Nur deswegen sei der Redakteur entlassen worden.

Detig hatte aus einer Rede von Goebbels zur Eröffnung der Rundfunkausstellung 1936 zitiert. Der NS-Politiker plädiert darin für «Entspannung und Unterhaltung» und stellt sich gegen jene, die «nur von Kant und Hegel ernährt werden» wollten. Dieser Satz, ergänzte Detig, könnte heute ohne große Abstriche von den ARD-Intendanten und von ihm selber unterschrieben werden. Dann ergänzte er. «Ich lass' es aber lieber, denn dieses Zitat stammt von - bitte anschnallen - Joseph Goebbels».

Der Konflikt mit dem Goebbels Zitat ist nur grob zu erkennen: Das Zitat ist weiter verkürzt, der inhaltliche Zusammenhang zwischen Goebbels-Zitat und Kulturradio-Debatte fehlt. Es sei dahingestellt, ob es zwischen Musikchef Detig und Musikredakteur Demmler ein Gespräch gegeben hat und welche Diskussion in der Abteilung oder in welcher Redaktion (Musik, Feature, Kultur usw.) geführt worden ist. Allein schon die Bemerkung von Anschütz, dass nach der Kündigung über alle Hintergründe informiert“ worden sei, verrät, dass große Informations- und Kommunikationsdefizite bestanden haben. Das ist aber auch nicht der entscheidende Punkt.

Entscheidend ist der nächste Satz. Nachdem es in dem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung noch hieß:

Zu der Kündigung könne man nicht Stellung nehmen, da es um eine Einzelpersonalie gehe.

heißt es nun im letzten Satz des ersten Absatzes:

Gleichzeitig bestätigte Anschütz die Kündigung eines RBB-Redakteurs, der unter falschem Namen ARD-Intendanten über den Vorgang informiert hatte.

und obwohl eigentlich gar nicht mehr notwendig schließt der zweite Absatz mit:

Der Brief mit falschem Absender sei strafrechtlich relevant und eine Denunziation. Nur deswegen sei der Redakteur entlassen worden.

Das ist nun gleich zweifach ein starkes Stück.

„Strafrechtlich relevant“? Das ist der Zustand, wenn ein Straftatbestand möglicherweise vorliegt, eine rechtskräftige Entscheidung aber noch nicht getroffen ist (Beispiel zum Nachlesen: die Unterscheidungen der Bundesprüfstelle, dort die Teile B und D). Reicht das für eine arbeitsrechtliche Maßnahme aus?

RBB-Erfindung Nr. 1: Das Goebbels-Zitat sei heute anwendbar
RBB-Erfindung Nr. 2: Musikredakteur Demmler sei ein „Denunziant“

„Denunziation“? Das ist zunächst kein Straftatbestand. Unter vielen verschiedenen Definitionen des Begriffs sei hier eine zitiert:

Die Denunziation (umgangssprachlich auch das „Verpfeifen“) ist das Melden eines einer Straftat Verdächtigen (Denunzierter) an die Polizei, ohne dass der Melder (der Denunziant) durch die Straftat persönlichen Schaden erlitten hat. Das Petzen ist eine „mildere“ Form der Denunziation.

Wen hat Demmler wann „denunziert“? Über diese schon zweifach in Teil 3 (Musikredakteur Demmler alarmiert drei ARD-Intendanten) angeschnittene Frage möchte ich hier nicht weiter spekulieren, es erscheint mir wirklich zu abstrus. Lassen wir es uns durch RBB-Sendersprecher Anschütz selbst sagen.

Für diesen Artikel (Teil 4 des Dossiers) habe ich fünf Fragen zusammengestellt und an Anschütz geschickt. Am 22. August 2005 habe ich auch mit ihm telefonieren können. Auf meine Frage:

Ich kann die von Ihnen getroffene Wertung „Denunziation“ nicht nachvollziehen. Auf welchen konkreten Sachverhalt bezieht sich der Begriff „Denunziation“?

antwortete er mir geradeheraus (diese Information ist unautorisiert, weil es später zur Autorisierung nicht mehr gekommen ist):

Auf den Mitarbeiter in den USA.

Diese Antwort erstaunt. Zum einen ergibt sie sich überhaupt nicht aus dem Inhalt der dpa-Meldung. Zum anderen geht sie am Sachverhalt vorbei: Musikredakteur Demmler hat den Namen des früheren Mitarbeiters M. in den USA nur in der Absicht benutzt, um einen Absender für seine Information an die Intendanten (deren Namen von Musikchef Detig missbraucht worden waren...) und vielleicht auch für eine inhaltliche Beschwerde bei seiner Intendantin über seinen Vorgesetzten Detig zu haben. Ein Motiv Demmlers gegen M. ist nicht zu erkennen.

Im Strafgesetzbuch entspricht der unberechtigten Denunziation am ehesten die Falsche Verdächtigung (§ 164). Dieser Straftatbestand liegt vor, wenn der Täter

in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen (einen anderen) herbeizuführen oder fortdauern zu lassen

Demmler hat den Namen M. - wie sich herausstellte - als untaugliches Mittel benutzt. Er hatte aber nie die Absicht, davon kann man mit Gewissheut ausgehen, M. bei einer Behörde zu verdächtigen. Wenn Demmler eine behördliche Maßnahme beabsichtigte, dann war es eine Erklärung der Intendanten oder des RBB zu dem Goebbels-Zitat, vielleicht auch, dass Detig zur Rede gestellt wird.

Der Vorwurf des „Denunzianten“ atmet den Geist aus Zeiten von Diktaturen

Wer hat beim RBB das Wort „Denunziant“ aufgebracht, wer - außer RBB-Sprecher Anschütz - vertritt es? Es ist schon erschreckend, wie stark diese Personen in einer früheren Sprache verfangen sind: Der Begriff des „Denunzianten“ wird vorwiegend für Zeiten der Diktaturen benutzt und prangert im Grunde Kollaborateure an. Zum Beispiel die Postangestellte im Fall von Sophie Scholl, als diese auffällig viele Drucksachen-Briefmarken kaufte. Martin Demmlers Hilferuf dafür, dass Goebbels Thesen zum Hörfunk aus der Zeit der NS-Diktatur nicht selbstverständlich werden dürfen, wird - wegen des falschen Absenders - geradezu sinnwidrig auf den Kopf gestellt: der RBB wirft ihm sinngemäß vor, er sei selbst wie ein Kollaborateur der damaligen Zeit, eben ein „Denunziant“. Zynismus pur.

Aus meiner Sicht ist der Vorwurf des „Denunzianten“ eine falsche und eine schädigende Behauptung über Musikredakteur Demmler, die als Bestandteil einer dpa-Meldung auch noch öffentliche Verbreitung finden soll. Der Sender RBB sollte zu diesem Punkt seine „Glaubwürdigkeit“ wiederherstellen (vgl. oben „Zielvorgaben des RBB zur Erfüllung seiner programmlichen Aufgaben“) und diese Behauptung öffentlich wieder zurücknehmen.

Das Presse-Echo

Am Abend und am folgenden Donnerstag erscheinen mehrere Zeitungsartikel. Dabei wird die dpa-Meldung überregional von der „Eßlinger Zeitung“ und regional von mehreren Berliner Blättern übernommen. „Der Tagesspiegel“ und die beiden Zeitungen des Springer-Verlages, „Berliner Morgenpost“ und „DIE WELT“, bringen eigene Berichte.

„Der Tagesspiegel“ umschreibt die Absicht von Musikchef Christian Detig folgendermaßen:

Mit NS-Propagandaminister Joseph Goebbels war und ist keinesfalls zu spaßen. Christian Detig, der Musikchef des RBB-Kulturradios, wollte jedenfalls am 30. Mai mit einem Zitat aus einer Rede von Joseph Goebbels über die Aufgaben des Rundfunks auf Hörerfang gehen.

Die Beschreibung zu Musikredakteur Martin Demmler ist ausführlicher als die in den bisherigen Berichten. Außer der Mitteilung über die „fristlose Kündigung“ geht der Autor, Joachim Huber, auf keine juristische Bewertung ein:

Einen Redakteur des Kulturradios ließ der Vorgang nicht ruhen. Redakteur D. (nicht Detig!) schrieb einen erregten Brief an RBB-Intendantin Dagmar Reim, WDR-Chef Fritz Pleitgen und NDR-Intendant Jobst Plog. Allerdings nicht unter seinem Namen, sondern unter dem Namen des freien Kulturradio-Mitarbeiters M., der mittlerweile in den USA lebt. Weil M. vor Jahren für Kulturredakteur D. gearbeitet hatte, fiel der Verdacht auf D. Erst leugnete der seine Autorenschaft, um sie dann einzugestehen. Der Redakteur, 15 Jahre unbescholten im SFB und dann im RBB tätig, sagte in Gesprächen mit der Senderspitze, er habe einen „Aussetzer“ gehabt. Der RBB reagierte, indem D. seine fristlose Kündigung erhielt. Der Gang vors Arbeitsgericht ist wahrscheinlich.

Zunehmende Aggressionen gegen Demmler

Zunächst scheinen die beiden Berichte von lim aus dem Springer-Verlag inhaltsgleich zu sein. Der Verfasser stützt sich weitgehend auf die dpa-Meldung. Lim hat wohl noch etwas mit Anschütz geplaudert, wodurch wir auch von der „steilen Anmoderation“ erfahren. Der Artikel der „WELT“ wirkt wie eine Kurzfassung des Artikels der „Berliner Morgenpost“.

Doch beide Artikel sind ein Lehrstück dafür, wie ein Text durch wenige Veränderungen kippen kann. In der „Berliner Morgenpost“ enthält sich Lim - wie der „Tagesspiegel“ auch - jeglicher juristischer Bewertung, die Begriffe „strafrechtlich relevant“ und „Denunziation“ der dpa-Meldung erscheinen nicht:

Ein Schuß, der nach hinten losging: Am Freitag kündigte der RBB dem Mitarbeiter, der seit 15 Jahren im Hause ist, fristlos. („Berliner Morgenpost“)

Ähnlich „DIE WELT“, doch dann wird zum ersten Mal „Urkundenfälschung“ als Grund der Kündigung genannt:

Allerdings hat der Schuß ihn selbst getroffen: Jetzt bekam er die Kündigung - wegen Urkundenfälschung („DIE WELT“)

Den Titel und den Untertitel der „Berliner Morgenpost“:

Berliner Morgenpost, 11. August 2005

"Steile Anmoderation"

Der Streit um ein Goebbels-Zitat sorgt für erhebliche Unruhe im RBB

ersetzt „DIE WELT“ durch eine zugespitzte Aufmachung:

DIE WELT, 11. August 2005

Denunziant muß gehen - Streit um Zitat von Goebbels im RBB

In Zeiten von Schleichwerbungs-Skandalen kann Transparenz nicht schaden, mag sich ein Redakteur des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) gedacht haben: Mit fingiertem Absender verschickte er an mehrere ARD-Intendanten die Abschrift einer Moderation aus dem Kulturradio, die im Sender für Aufsehen gesorgt hatte. Allerdings hat der Schuß ihn selbst getroffen: Jetzt bekam er die Kündigung - wegen Urkundenfälschung.

Der verschickte Text stammt vom Musikchef Christian Detig, der die Kritik zu dem Theaterstück „Goebbels“ mit einer Goebbels-Aussage schmücken wollte. Radio sei zur „Unterhaltung und Entspannung“ da, wer Kant oder Hegel wolle, der könne die beiden ja lesen, zitierte Detig. Man könne sich der Aussage heute noch anschließen, fügte Detig hinzu, wenn sie nicht von Goebbels wäre. Deshalb unterlasse er das lieber.

Der Text sorgte für heftige interne Diskussionen, wie RBB-Sprecher Ulrich Anschütz bestätigt. „Das Zitat war nicht sehr glücklich. Es war aber jedenfalls keine Verharmlosung oder Verherrlichung von Goebbels“, sagt er. Detigs Goebbels-Wort könnte von Insidern eher als „steile Anmoderation“ gesehen werden.     lim

Das ist auch ein starkes Stück. Der Vorwurf des „Denunzianten“ wird - wie in der dpa-Meldung - einmal mehr nicht begründet, er wird aber riesengroß in „DIE WELT“ gesetzt. Selbst wenn man - anders als Anschütz (siehe oben) - die „Denunzianten“ auf Detig beziehen wollte, erscheint es unlogisch, da nach dem Bericht der Moderationstext bekannt ist und alles ARD-intern abläuft. Der Vorwurf erstaunt umso mehr, als vier Tage vorher, am 7. August 2005, Vera Lengsfeld in der „WELT am Sonntag“ in einer Rezension zu einem Buch über Angela Merkel gleich im ersten Absatz schreibt:

„Gerd Langguths Buch über Angela Merkel ist ein Beleg für (...) fehlende Debattenkultur, denn es ersetzt das Argument durch Denunziation - das ist das Letzte, was wir in Deutschland brauchen.“

Noch eine Provokation des RBB

Der Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Vortag hat den RBB bloßgestellt. Das wollen der RBB und sein Sprecher Ulrich Anschütz nicht auf sich sitzen lassen. Anschütz benutzt einen Leserbrief an die FAZ dazu, um Punkte der dpa-Meldung als Richtigstellung zu wiederholen und um im letzten Absatz noch mehr gegen den Kritiker Demmler auszuholen. Nur druckt die FAZ diesen Absatz nicht ab. Hier können Sie ihn dokumentarisch lesen.

RBB/Presse & Information, Unternehmenssprecher Ulrich Anschütz

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11. August 2005

Sehr geehrter Herr Nonnenmacher,

bitte veröffentlichen Sie den nachfolgenden Leserbrief in der nächsterreichbaren Ausgabe Ihres Blattes:

Unter der Überschrift „Bitte anschnallen“ stellt Ihr Autor Christian Deutschmann den Vorgang im Rundfunk Berlin-Brandenburg grob verzerrend und teilweise falsch dar.

Falsch ist, dass es in der Redaktion nicht zur offenen Aussprache kam. Richtig ist vielmehr: Bereits in den 14 Tagen nach der umstrittenen Moderation gab es in der Redaktion offene und kontroverse Aussprachen unter Beteiligung und auf Initiative des Wellenchefs.

Zum Vorwurf „fehlender Kommunikation zwischen Redaktion und Senderleitung“ ist zu sagen: Unmittelbar nach der personellen Maßnahme haben die Hörfunkdirektorin, der Wellenchef und der Personalchef alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kulturradios offen und mit allen Hintergründen über den Vorgang informiert. Schade, dass Deutschmann die Leser hier in die Irre führt.

Noch bezeichnender für die Absicht des Autors ist freilich, dass er das ihm bekannte strafrechtlich relevante Verhalten des gekündigten RBB-Mitarbeiters nicht beim Namen nennt, sondern mit der Formulierung verbrämt, die Briefe seien „allerdings ungeschickterweise mit einem fingierten Absender“ verschickt worden. Interessant, dass die FAZ Straftaten und Denunziationen als „Ungeschicklichkeiten“ einordnet.

Mit freundlichen Grüßen

RBB/Presse & Information

Interessant, dass der RBB von „Straftaten und Denunziationen“ schreibt.

Warum in der Mehrzahl? Hat der RBB noch weitere versteckte Vorwürfe gegenüber der Zeitung? Oder soll das Handeln von Musikredakteur Demmler noch mehr dramatisiert werden? Immerhin hat er gleich drei Briefe geschrieben und dreimal denselben Namen als Absender benutzt.

Erst „strafrechtlich relevant“ (dpa-Meldung), dann „Urkundenfälschung“ („DIE WELT“) und schließlich „Straftaten“ (Leserbrief von Anschütz an die FAZ). Vorverurteilung pur?

Zu Recht hat die FAZ die Produkte dieses blinden Eifers nicht abgedruckt.

Vorläufige Bilanz

Beim Abfassen von Teil 3 des Dossiers nahm ich am 17. August Kontakt zur Pressestelle des RBB auf und fragte nach einer weiteren Stellungnahme zum Goebbels-Zitat außer der dpa-Meldung (10. August) und dem Leserbrief von Anschütz an die FAZ (11. August). Als es schließlich am 22. August zum Kontakt mit RBB-Sprecher Ulrich Anschütz kam, ich ihm meine Funktion als Sprecher der Initiative „Das GANZE Werk“ erklärte und er mir die Frage zur „Denunziation“ mündlich beantwortete, machten wir aus, dass ich ihm meine fünf Fragen schriftlich schicke und er sie mir beantwortet. Die Fragen lauten:

Das GANZE Werk, 22. August 2005

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Fragen an den Sprecher des RBB:

1. (Presseberichte)
Es wird einem Laien nicht klar, was mit „steiler Anmoderation“ gemeint ist. Die Moderation von Musikchef Christian Detig war sicherlich genauer geplant: er wird die Idee mit den Intendanten schon vorher gehabt haben und er wird das Zitat nicht auswendig vorgetragen haben. Was ist also im Fall der Moderation von Detig „steile Anmoderation“ gewesen?

2. (dpa-Meldung)
Gibt es eine genauere Stellungnahme des RBB zu der Moderation von Musikchef Christian Detig außer der, sie sei „nicht glücklich“ gewesen?

3. Musikchef Christian Detig hat sich in der Moderation ja gleich von der Person Goebbels distanziert. Deshalb geht Ihre Erklärung, es habe „sich auf keinen Fall um eine Verherrlichung oder Verharmlosung von Goebbels gehandelt“, am Streitpunkt vorbei. Meine Frage: Gibt es eine Stellungnahme des RBB zu dem Goebbels-Zitat selbst? Gibt es eine Stellungnahme des RBB zu dessen Bedeutung für die heutige Zeit, speziell für die Diskussion um das Kulturradio?

4. Ich kann die von Ihnen getroffene Wertung „Denunziation“ nicht nachvollziehen. Die Moderation und ihr Moderator waren doch schon seit dem 30. Mai 2005 öffentlich, so ist es doch in Hörfunk und Fernsehen. Auf welchen konkreten Sachverhalt bezieht sich der Begriff „Denunziation“?

5. (FAZ-Leserbrief)
In der dpa-Meldung davor war nur die Rede von: „Der Brief mit falschem Absender sei strafrechtlich relevant und eine Denunziation.“ Warum schreiben Sie am Ende des Leserbriefes an die FAZ von „Straftaten und Denunziationen“, also sowohl Straftat als auch Denunziation im Plural? Wer hat überhaupt entschieden, dass eine „Straftat“ geschehen ist?

Theodor Clostermann
Sprecher der Initiative Das GANZE Werk
22. August 2005

Obwohl er vorher schon Zeit genug hatte, sich über die Initiative „Das GANZE Werk“ zu informieren, hat er sich wohl erst nach dem Telefongespräch über sie wirklich schlau gemacht und sich vom NDR sagen lassen, dass wir ernsthafte Gegner der Formatradio-Klassik-Häppchen nach Art der Häuser RBB und NDR sind. So erhielt ich am 24. August 2005 folgende Antwort:

RBB/Presse & Information, Unternehmenssprecher Ulrich Anschütz

Interviewfragen

24. August 2005

Sehr geehrter Herr Clostermann,

Ihre Interviewfragen werde ich nicht beantworten. Meine Aufgabe als Unternehmenssprecher bezieht sich auf die Presse und andere journalistische Medien. Sie sind Sprecher einer Interessengemeinschaft, einer Vereinigung von Privatleuten, die ein gemeinsames Ziel verfolgen. Ein publizistisches Medium vertreten Sie nicht.

Ich bitte um Verständnis.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Anschütz
Presse & Information

Rundfunk Berlin-Brandenburg
Masurenallee 8 - 14
14507 Berlin

Ort des Geschehens 1936 und 2005:
Haus des Rundfunks, Masurenallee 8 - 14

Keine Antwort ist auch eine Antwort. Das kennen wir schon vom NDR. Die Goebbels-Zitat-Panne soll ausgesessen, vergessen werden. Der Vorwurf des „Denunzianten“ soll hängen bleiben.

Diese Rechnung wird nicht aufgehen. Dazu dient auch dieses Dossier, das den Freunden der Kultur im Radio des RBB-Sendegebiets gewidmet ist.

Letzte redaktionelle Änderung: 4. September 2005

Lesen Sie als nächstes:

Offener Brief zum Goebbels-Zitat
an die Intendantin des RBB und an die Intendanten von NDR und WDR:
„Ich möchte Sie bitten, derartiges in der ARD nicht zuzulassen.“
und bisher eine Antwort vom WDR.

Lesen Sie die einzelnen Teile des RBB-Dossiers

Teil 1: Dokumentation - Moderation und Original-Zitat
Teil 2: Sinkende Hörerzahlen treiben schon seltsame Blüten
Zustimmung, Leichtfertigkeit oder Naivität im Umgang mit einem Zitat von Goebbels?
Ein Zitat, das dem systematischen Ausbau der NS-Herrschaft diente, darf nicht für die Kulturradio-Debatte missbraucht werden!
Teil 3: Musikredakteur Demmler alarmiert drei ARD-Intendanten
Karikatur zu Detigs Einfall - Da sitzen alle ARD-Intendanten an einem großen Konferenztisch, unterschreiben das Goebbels-Zitat...
... und RBB-Musikchef Detig moderiert, für Das Erste.
Teil 4: Zweierlei Maßstab des RBB
Riesenhaft hier
Der kritische Musikredakteur wird als „Straftäter“ und „Denunziant“ entlassen
Zwergenhaft da
Schonend wird die Moderation mit dem Goebbels-Zitat als „nicht glücklich“ kritisiert

Teil 5: Offener Brief zum Goebbels-Zitat
an die Intendantin des RBB und an die Intendanten von NDR und WDR:
„Ich möchte Sie bitten, derartiges in der ARD nicht zuzulassen.“
und die Antwort vom WDR.
Teil 6: Antwort der Intendanz des RBB
„Sie wissen, dass es hausintern eine kritische und konstruktive Debatte
über die Moderation von Christian Detig am 30. Mai 2005 gegeben hat“

Teil 7: Kein leichtfertiger Umgang mit dem Goebbels-Zitat zum Rundfunk!
3 Bilder als Mahnung und 3 Texte zum Nachdenken (Goebbels, Pohle, Detig)

„... Aufgabe, die Hörermasse empfangswillig zu machen für die Stunden, in denen der Staatsbürger angesprochen, informiert, beeinflußt werden sollte.“
Teil 8: Linkliste
a. Das Radio als Propaganda-Instrument in der NS-Zeit (weiterführende Literatur)
b. Zeitungsartikel zur Debatte über RBB-Kulturradio
c. Liste programmatischer Erklärungen zu NDR Kultur

Hier noch einmal - dokumentiert - das vollständige Zitat der Moderation:

RBB-Kulturradio: 30. Mai 2005. 07.09 Uhr.
Moderator: Dr. Christian Detig, Musikchef und Vizewellenchef Kulturradio

Da schlägt das Trommlerherz natürlich höher, Georg Friedrich Händel, La Réjouissance aus der Feuerwerksmusik, gespielt vom Ensemble [xy], neun Minuten nach sieben, sieben Uhr und neun.
Achtung Zitat: »Das Programm des Rundfunks muss so gestaltet werden, dass es den verwöhnteren Geschmack noch interessiert und dem anspruchslosen noch gefällig und verständlich erscheint. Dabei soll besonderer Bedacht auf die Entspannung und Unterhaltung gelegt werden, weil die weitaus überwiegende Mehrzahl aller Rundfunkteilnehmer einen Anspruch darauf hat, in den wenigen Ruhe- und Mußestunden auch wirklich Entspannung und Unterhaltung zu finden. Dem gegenüber fallen die wenigen, die nur von Kant und Hegel ernährt werden wollen, kaum ins Gewicht.« Zitatende.
Und ich behaupte mal, das könnte so ohne große Abstriche jeder ARD-Intendant auch unterschreiben, ich übrigens auch, ich lasse es aber lieber, denn dieses Zitat stammt von - bitte anschnallen! - Joseph Goebbels.
Der Mann ist immer noch für Überraschungen gut und längst wissen wir noch nicht alles. Das Leben von Joseph Goebbels ist jetzt Theater geworden und zwar im Deutschen Theater. Die Frühkritik um sieben Uhr fünfundvierzig.

Und hier das vollständige Goebbels-Zitat:

»Das Programm des Rundfunks muß so gestaltet werden, daß es den verwöhnten Geschmack noch interessiert und dem anspruchslosen noch gefällig und verständlich erscheint. Es soll in einer klugen und psychologisch geschickten Mischung Belehrung, Anregung, Entspannung und Unterhaltung bieten. Dabei soll besonderer Bedacht gerade auf die Entspannung und Unterhaltung gelegt werden, weil die weitgehend überwiegende Mehrzahl aller Rundfunkteilnehmer meistens vom Leben sehr hart und unerbittlich angefaßt wird, in einem nerven- und kräfteverzehrenden Tageskampf steht und Anspruch darauf hat, in den wenigen Ruhe- und Mußestunden auch wirklich Entspannung und Erholung zu finden. Demgegenüber fallen die wenigen, die nur von Kant und Hegel ernährt werden wollen, kaum ins Gewicht.«

Quelle: Joseph Goebbels, Rede zur Eröffnung der Rundfunkausstellung 1936, Abdruck in „Mitteilungen der RRG“, Nr. 501 vom 28. August 1936, Bl. 4.
Zitiert in: Heinz Pohle, Der Rundfunk als Instrument der Politik - Zur Geschichte des deutschen Rundfunks von 1923/38, Hamburg 1955, S. 281 f.