Das GANZE Werk - Moderation
NDR Kultur, 15. Mai 2005
4 Eigentore der Moderatorin in weniger als 35 Sekunden
Am Pfingstsonntag begab sich die Moderatorin auf das Feld des Tanzes - und des Sports.
Ausschnitt aus dem Originalprotokoll
15:55:33 Uhr Moderation
- "So, meine Damen, meine Herren! Jetzt bitte Haltung annehmen und folgende Anweisung befolgen - das betrifft vor allem die Herren: So, Sie starten bitte mit dem rechten Fuß nach vorwärts. Achtung, Fersenschritt. Anschließend linker Fuß seitwärts. Nun wieder rechter Fuß neben den linken. Dann mit dem linken Fuß einen langen Schritt vorwärts. Mit dem rechten einen kleinen Schritt nach rechts. Und dann schließlich den linken Fuß wieder neben den rechten setzen. Hm, wenn Sie das alles richtig befolgt haben, was haben wir dann? Ja, ganz genau! Einen Walzer, und den gibt's jetzt bis zu den Nachrichten, den Walzer aus der Streicherserenade von Peter Tschaikowski." (Dauer: 34 Sekunden)
15:56:18 Uhr Musik: Peter Tschaikowsky
15:59:52 Uhr NDR Kultur, Nachrichten + Jingle
16:00:00 Uhr Sechsehn Uhr
Dass diese Szene an die Morgengymnastik in Service-Wellen erinnert, das sei nur nebenbei bemerkt.
Die Moderatorin bringt in kürzester Zeit das Kunststück fertig,
für NDR Kultur 4 Eigentore zu produzieren.
1. Tanzanweisung beim Autofahren?
Gerade hat ihr zweitoberster Chef, Hörfunkdirektor Romann, in einem Brief an einen Hörer die Richtlinie ausgegeben, dass der Autofahrer der ausschlaggebende Hörer für NDR Kultur, für das Kulturradio sei:
- Monothematische Sendungen zu einem komplexen musikalischen Thema schließen Hörer, die nur kurz, zum Beispiel während einer kurzen Autofahrt einschalten, aus. Das gilt auch für längere mehrsätzige klassische Werke, die aus diesem Grunde nur in Ausnahmefällen in das Tagesprogramm integriert werden können. (26. April 2005)
Der von Herrn Romann so sehr geschätzte Autofahrer wird nun unmittelbar, ohne Einschränkung während der Autofahrt zum Tanz aufgefordert. Oder andersherum: da hat die Kommunikation zwischen Direktor und Moderatorin wirklich nicht geklappt.
Die Moderatorin hätte vorher unsere Homepage lesen sollen.
2. Überflüssiges Gerede - Wellenchefin Mirow mag kein unnötiges Gerede
Eine Moderation mit der genauen Walzer-Schrittfolge könnte zur Ankündigung eines Walzers vielleicht mal witzig sein - aber nicht in diesem Befehlston:
- • Haltung annehmen!
• Anweisung befolgen!
• Achtung!
Also kein Witz, sondern ein umständlicher, nicht nötiger Zugang zum folgenden Musikstück. In einem Telefongespräch am 22. April 2004 hat Wellenchefin Mirow im Gegensatz dazu die knappen Ankündigungen der Musikstücke damit gerechtfertigt, dass nicht unnötig viel geredet werden dürfe. Sie hat dies in die Worte gekleidet:
- "Die Moderation darf nicht redundant sein"
Hm...
3. Trotz Verpflichtung - keine Interpreten genannt
Wer hat eigentlich gespielt? Vor dem Stück hören wir die Tanzanweisung mit der knappen Info:
- Walzer aus der Streicherserenade von Peter Tschaikowsky
nach dem Walzer schließt sich gleich der Jingle an. Die Moderatorin sagt es nicht. Obwohl es Sonntag ist und sonntags oft die Musiklisten auf der Homepage von NDR Kultur fehlen, hier erfahren wir es wenigstens:
- Academy of St. Martin-in-the-Fields, London
Ltg.: Marriner, Neville
Aus Urheberrechtsgründen ist der NDR verpflichtet, die Interpreten zu nennen, intern wird es diese Anweisung wohl auch geben. Warum beachtet die Moderatorin dies nicht? Weil für sie der Einfall mit der Tanzanweisung Vorrang hat und hinterher NDR Kultur mit dem Jingle das Größte ist.
Auch sonst ist die Musikankündigung im Übereifer der Tanzanweisung absolut dürftig. Auf der Homepage von NDR Kultur steht ja wenigstens:
- Tschaikowsky, Peter; Streicherserenade C-dur, op. 48; daraus: Walzer. Moderato, tempo di valse (2. Satz)
Keine Opus-Zahl, keine Tonart, keine genaue Satzbezeichnung, nur Walzer statt konkretisierend Moderato, tempo di valse (2. Satz). Schlechter Informationsservice, die Initiative Das GANZE Werk fordert ihn in ihrer Resolution.
Aber hier: Weil Tschaikowsky nur eine Streicherserenade und darin auch nur einen Walzer-Satz komponiert hat, ist der Satz doch eindeutig zuzuordnen. Jedes Mehr ist logischerweise "redundant".
... für den Experten, der den Überblick hat.
Jedes Mehr ist übrigens auch gleich zu "akademisch", was Herr Romann und Frau Mirow ebenfalls nicht mögen. Woraus folgt: Für den Laien soll es egal sein, ein Stichwort reicht, mehr soll er nicht erfahren, nicht wissen.
4. Bei NDR Kultur ist Belehrung "out" - die Moderatorin belehrt uns aufdringlich
Frau Mirow lehnt musikbezogene Erklärungen oder musikthematische Sendungen ab, weil dies im Stile des alten Schulfunks "belehrend" oder "lehrerhaft" sei. Und was macht die Moderatorin?
- Hm, wenn Sie das alles richtig befolgt haben, was haben wir dann? Ja, ganz genau! Einen Walzer!
Hier geht es aber noch nicht einmal ums Lernen, sondern darum, ob man in der Schnelle den Tanz gleich erkannt hat oder ob man sich als Unwissender oder Ahnungsloser peinlich ertappt fühlt. Also genau genommen ist es eher eine Selbstinszenierung der Moderatorin. NDR Kultur als Kultur-Ereignis, das ist die Devise.
Ja, ganz genau...
Vier Eigentore - vier offensichtliche Widersprüche
Die Widersprüche zeigen, dass das ganze Gerede vom
• Auto Fahren, von
• redundant
• akademisch
• belehrend und lehrerhaft
nur vordergründige Ausreden sind, dass in Wirklichkeit die Selbstdarstellung von NDR Kultur die Hörer mitnehmen soll - hinunter zu einem bescheidenen, lückenhaften, bruchstückhaften, schlagermäßigen kulturellen Niveau.
Nachtrag
Ein Hörer weiß es nicht von dem anderen, hier kann es ja mal für alle Interessierten bekannt gemacht werden: In vielen Zuschriften an Das GANZE Werk beschweren sich Hörer über die "Geschwätzigkeit" der Moderatorin (der heutigen Geschichte) oder bezeichnen sie als "Plaudertasche". Viele Hörer schalten NDR Kultur ihretwegen - bevorzugt am Morgen - nach kurzer Zeit wieder aus, weil es "nicht zu ertragen" sei. Was nichts über die Kritik an den anderen Moderatoren und Moderatorinnen von NDR Kultur aussagt.