Das GANZE Werk - Presseschau
Frankfurter Rundschau, 19. Dezember 2006
Zitat:
Innerhalb der nächsten zwei Jahre, so haben es die Deutschen versprochen, soll der Rundfunkstaatsvertrag erneuert werden. Ziel ist es, näher zu bestimmen, was genau der öffentliche Auftrag von ARD und ZDF ist - und welche Dienste wohl kaum dazu gezählt werden können. Gleichzeitig verpflichten sich die Sender zu einer strengeren und transparenteren Kontrolle der Finanzen.
Als Gegenleistung für das Zugeständnis, eine wirkungsvolle Selbstkontrolle zu organisieren, wird die EU-Behörde darauf verzichten, ein gegen die Sender gerichtetes Beihilfeverfahren fortzuführen.
Vertrauen & Kontrolle
Länder legen Streit mit EU bei
Von Detlef Fechtner
Zwischenzeitlich erweckten deutsche Politiker den Eindruck, Brüssel sei dabei, die öffentlich-rechtlichen Sender in eine Existenzkrise zu treiben, indem die EU-Kommission die Praxis staatlicher Rundfunkgebühren angreift. Um so überraschender ist der Streit von ARD und ZDF mit den EU-Wettbewerbshütern nun doch schiedlich friedlich gelöst worden.
Innerhalb der nächsten zwei Jahre, so haben es die Deutschen versprochen, soll der Rundfunkstaatsvertrag erneuert werden. Ziel ist es, näher zu bestimmen, was genau der öffentliche Auftrag von ARD und ZDF ist - und welche Dienste wohl kaum dazu gezählt werden können. Gleichzeitig verpflichten sich die Sender zu einer strengeren und transparenteren Kontrolle der Finanzen.
Zweck der Übung ist es, Quersubventionen von Aktivitäten zu verhindern, die im Wettbewerb mit kommerziellen Angeboten privater Dienstleister stehen und nicht zum Kern des staatlichen Auftrags zählen. Durch den Vorbehalt, jeden neuen Service erst genehmigen zu lassen, soll sichergestellt werden, dass mit den Rundfunkgebühr-Einnahmen nicht Mobilfunk- oder Internet-Dienste bezahlt werden, die auch von privaten Firmen offeriert werden. Brüssel hatte die Vermutung geäußert, dass ARD und ZDF mit öffentlichen Mitteln Geschäfte und Plattformen aufbauen, die nicht mehr durch ihren eigentlichen Auftrag gedeckt sind.
Als Gegenleistung für das Zugeständnis, eine wirkungsvolle Selbstkontrolle zu organisieren, wird die EU-Behörde darauf verzichten, ein gegen die Sender gerichtetes Beihilfeverfahren fortzuführen. Zumindest stellt Brüssel eine Einstellung dieses Verfahrens, das Privatsender angezettelt hatten, in Aussicht. Erst will die EU-Kommission allerdings abwarten, ob sich ARD und ZDF an ihre Ankündigungen halten. Mit dieser Vereinbarung geben sich alle beteiligten Parteien zufrieden. Sie wird als „wichtiger Beitrag für die Zukunft des dualen Rundfunksystems“ und „auch für die Entwicklung der Medienmärkte in Deutschland“ gefeiert - sowohl von EU-Kommissarin Neelie Krose als auch von den Länderchefs Kurt Beck und Edmund Stoiber. Die hatten der Kommission gerade noch vorgeworfen, in Deutschland ein „Staatsfernsehen“ zu erzwingen, weil alle möglichen Entscheidungen des politischen Segens bedürften.
Nun wird zwar noch die „stärkere Formalisierung der Entscheidungsprozesse“ durch die Vereinbarung moniert, die es schwieriger mache, rasch auf Marktentwicklungen zu reagieren, wie der ARD-Vorsitzende Thomas Gruber erklärt. Da aber grundsätzlich die Entwicklungschancen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks „im Bereich der mobilen Dienste und Telemedien“ dauerhaft gesichert werden, lobt auch Gruber den Kompromiss. Immerhin verbaut er nicht den Zugang zu Technologien, die leistungsfähigere Übertragungen ermöglichen.
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