Das GANZE Werk - Presseschau
Frankfurter Rundschau, 2. August 2005
Rundfunkräte für schärfere Kontrollen - aber Werbung soll bleiben
„Verbot wäre ein Irrweg“
„Wir hätten das kontrollieren können, wir haben es aber nicht gemacht.“
Berlin · 1. August · dpa · Die Aufseher von ARD und ZDF wollen als Konsequenz aus der Affäre um Schleichwerbung die Kontrolle über das Programm verschärfen, Werbung und Sponsoring aber weiterhin erlauben. Nach Bekanntwerden der Fälle von verbotener Produktplatzierung sind viele Rundfunkräte aktiver geworden, sehen aber bei der Suche nach versteckten Werbebotschaften enge Grenzen. Das ergab eine dpa-Umfrage unter Gremienvorsitzenden. Eine Kontrolle der öffentlich-rechtlichen Sender durch die für die privaten Sender zuständigen Landesmedienanstalten lehnen die Rundfunkräte ab.
Man könne es nicht leisten, „bei jedem Produkt nachzufragen, ob Geld geflossen ist“, sagte Horst Bäuerle, der Vorsitzende des baden-württembergischen SWR-Rundfunkrates. Er glaubt, dass sich die Produktplatzierung nicht wiederholen werde. „Es bedeutet zwar mehr Arbeit, aber wir werden die Sendungen künftig mit anderen Augen anschauen und verstärkt hinterfragen“. Problematisch sei die zunehmende Auslagerung von Produktionen. Der Rundfunkrat habe keinen Überblick über die Zahlungen externer Firmen.
„Wenn man den Alltag abbilden will in einem Film und nicht eine fiktive Welt, dann tauchen zwangsläufig Handelsnamen auf“, sagte Alfred Möhrle, Rundfunkratsvorsitzender des Hessischen Rundfunks (HR). „Wenn Sie junge Leute filmen, können Sie kaum vermeiden, dass die eine Cola trinken“. Möhrle forderte mehr Kontrollbefugnisse, etwa die, dass Filme vor der Ausstrahlung dem Rundfunkrat vorgelegt werden.
Der MDR-Rundfunkrat will die eigenen Sendungen in Zukunft genauer unter die Lupe nehmen. „Das war vorher kein Thema, das gebe ich ehrlich zu“, sagte der Vorsitzende Klaus Husemann. „Wir hätten das kontrollieren können, wir haben es aber nicht gemacht.“
Trotz der Affäre sehen die Kontrollgremien keinen Anlass für ein Verbot von Werbung und Sponsoring. Dies wäre ein „Irrweg“, weil damit das Problem der Schleichwerbung nicht gelöst werde, sagte Ruprecht Polenz, Vorsitzender des ZDF-Fernsehrates. Er glaubt, bei einem werbefreien öffentlich-rechtlichen Rundfunk müsste die Gebühr um rund 1,50 Euro angehoben werden, um die Ertragsausfälle zu kompensieren.
Mischfinanzierung aus Gebühren und Werbeeinnahmen findet Volker Giersch, Vorsitzender des Rundfunkrates im Saarland (SR), sinnvoll. So könne die „Abhängigkeit von der politisch geprägten Gebührenfestsetzung“ gemindert werden.
Eine Programmkontrolle durch die Landesmedienanstalten lehnen die Rundfunkräte durchweg ab. Ruprecht Polenz würde „es sehr begrüßen, wenn die Landesmedienanstalten entschlossener gegen die Schleichwerbung bei den privaten Programmanbietern vorgingen als in der Vergangenheit.“
Lesen Sie außerdem:
• ARD-Schaltkonferenz bestimmt SWR-Justiziar Dr. Hermann Eicher zum Vorsitzenden
ARD hat Clearing-Stelle gegen Schleichwerbung eingerichtet
ARD-Vorsitzender Gruber: „Wir wollen, dass die ARD am Ende dieses Prozesses unabhängiger und damit glaubwürdiger dasteht als vor der aktuellen Krise.“
ARD-Presseservice, 29. Juli 2005
• Beschluss des Rundfunkrats des Bayerischen Rundfunks
Gemeinsam gegen Schleichwerbung
Der Gebührenzahler hat gegenüber den Rundfunkanstalten einen Anspruch auf objektive und unbeeinflusste Information
Bayerischer Rundfunk, Rundfunkrat, 28. Juli 2005
• Rundfunkräte für schärfere Kontrollen - aber Werbung soll bleiben
„Verbot wäre ein Irrweg“
„Wir hätten das kontrollieren können, wir haben es aber nicht gemacht.“
Frankfurter Rundschau, 2. August 2005