Das GANZE Werk - Presseschau
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. Juni 2005
Ein Leserbrief zu:
Jetzt wird es leiser
Ein stiller Skandal beim Rundfunk Berlin-Brandenburg:
Die Berliner Funkkonzerte „Musik der Gegenwart“ wurden abgeschafft (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7. Juni 2005)
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Neue Musik als Grundlagenforschung
Einzelsätze aus Werken herauszureißen heißt einem Kunstwerk Gewalt anzutun, es seines Spannungsgefüges zu berauben
Wieder einmal hat ein ARD-Sender seinen Grundversorger- und Bildungsauftrag verraten. Mit der Abschaffung der Live-Konzert-Reihe „Musik der Gegenwart“ des Deutschen Symphonie Orchesters durch den „RBB Kultur“ ist das Ende der Musikgeschichte in Deutschland noch ein Stück näher gerückt (F.A.Z.-Feuilleton vom 7. Juni). Der Skandal ist kein Einzelfall. In den letzten zwei Jahren wurden alle regionalen Hörfunk-Kulturwellen rasenmähergleich minimalisiert und trivialisiert. Während für immer aufwendigere TV-Nichtswürdigkeiten Millionen hinausgepulvert werden, wurde die schöpferische Basis insbesondere der Hörfunkprogramme regelrecht stranguliert. Anspruchsvolle literarische oder musikalische Sendungen erscheinen höchstens noch als Reprisen nach Mitternacht. Das sogenannte „Klassik-Programm“ hat sich flächendeckend dem Häppchen-Dudelmuster von „Klassik-Radio“ angepaßt.
Zum Senden nur Einzelsätze aus Werken herauszureißen heißt einem Kunstwerk Gewalt anzutun, es seines Spannungsgefüges zu berauben. Vielleicht wird man demnächst noch „publikumsfreundlich“ jeden vierten oder fünften Takt herausschneiden, so ähnlich wie das streichwütige Regietheater heute mit den Klassikerdramen verfährt.
Soweit der Befund. Jetzt die Diagnose. Der sträflich fahrlässige Umgang unserer Kulturbürokraten und Mediengewaltigen mit Kulturgütern beruht auf einem katastrophal mißverstandenen Kulturbegriff, der sich immer mehr am Konsum und immer weniger am Produktiven orientiert. Ein Beispiel: Ein Rundfunkintendant, der heute die Auflösung eines Rundfunkorchesters veranlaßt mit der Begründung, es gäbe ja genug Schallplatten zum Senden, handelt genauso verantwortungslos wie ein Universitätspräsident, der jede Forschung einstellen läßt, weil ja reichlich Bücher in der Uni-Bibliothek vorhanden sind. Demgegenüber ist festzuhalten: Ein Orchester vom Rang des DSO arbeitet nicht in erster Linie zur Unterhaltung des Publikums im Saal oder an den Rundfunklautsprechern. Das ist nur ein erfreulicher Nebeneffekt. Die eigentliche Aufgabe von hochqualifizierten Klangkörpern besteht dagegen in permanenter und engagierter Grundlagenforschung im Bereich der Musik.
Dr. Sigrid Herzog, Berlin
Zu dem Artikel von Eleonore Büning (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 7. Juni 2005):
Jetzt wird es leiser
Ein stiller Skandal beim Rundfunk Berlin-Brandenburg:
Die Berliner Funkkonzerte „Musik der Gegenwart“ wurden abgeschafft
Ein Leserbrief des RBB zu dem Artikel:
Neue Musik als Schwerpunkt
Der RBB widmet der Neuen Musik nahezu ein Drittel seines Etats für Produktion und Mitschnitte