Das GANZE Werk - Presseschau

Leserbriefe
Zum Leserbrief von NDR-Intendant Prof. Jobst Plog
Für von Ungeist geprägte Sätze dieser Art darf in der ZEIT kein Platz sein
Leserbrief Nr. 1, DIE ZEIT, 10. März 2005 (Nr. 11)

Von Ludolf Baucke, Hermannsburg, 16. März 2005

Der NDR reagiert auf das ZEIT-Dossier

Der Ton macht die Musik

Im Norden aber wird anscheinend mehr dogmatisiert und abgewehrt, womöglich gar stigmatisiert als ernsthaft über den Kultur- und Bildungsauftrag eines öffentlich-rechtlichen Hörfunkprogramms nachgedacht

Das ZEIT-Dossier "Rettet das Radio" hat anscheinend wie eine Bombe eingeschlagen. In Feuilleton-Redaktionen, Kultusbürokratien und unter kulturell Engagierten war es als Gesprächsthema mehr als nur eine Eintagsfliege. Die ZEIT veröffentlichte fünfzehn Leserbriefe, und ganz falsch lag Ulrich Stock nicht mit seiner in die NDR-Charakterisierung eingeflochtenen Feststellung, dass der NDR oft die Anwälte bemühe. Im Fall Stock freilich reagierten nicht weisungsgebundene Justitiare sondern der Chef höchstpersönlich - die Angelegenheit schien doch so wichtig zu sein, dass sich weder der mit einem historischen Herrn K. verglichene Programmdirektor noch die von Ulrich Stock durch Nichterwähnung (warum wohl?) bestrafte Wellenchefin von NDR Kultur zu Wort meldeten. Streitbare Diskussionen müssen nicht ausgeklammert werden, begann doch der NDR-Intendant seinen Leserbrief mit den Worten: In der Sache kann man zum Thema in Deutschland, in Sonderheit in Norddeutschland, unterschiedlicher Auffassung sein. Darüber zu streiten wäre interessant, womöglich sogar produktiv.

Wer allerdings nun auf den Start einer sachbezogenen Erörterung hoffte, wurde bitter enttäuscht - das folgende Gemisch von Empörung und Wehlleidigkeit konzentrierte sich auf den Personenvergleich und lenkte damit ab vom Stock-Bild des munteren Reformers, der nicht versteht, warum der Gegenwind immer stärker wird. Zu schön, wäre besagter Programmdirektor ein Herr K. - freilich nicht der zeitgeschichtliche, sondern der bei Brecht wegen seiner Unveränderlichkeit erbleichende.

Im Umgang zwischen Hörfunkanstalt und Hörern mag ein Nord-Süd-Vergleich erhellend, wenn auch nicht ermunternd sein. Während der NDR unliebsame Kritiker als selbsternannte Geschmackspolizeit abqualifiziert, sich sogar zu dem selbst vom Intendanten nicht monierten "Kulturayatollahs" verstiegen hat und laut Ulrich Stocks vom Intendanten unkommentiert gebliebenen Telefonaten "keine Zeit" hat, wird im Süden in aller Öffenlichkeit erfrischend diskutiert. Man schaue nur einmal auf die Website www.swr2.de. Auch das SWR2-Programm wurde vor kurzem geändert und besonders in der Frühschiene "SWR2 am Morgen" zum Verdruß vieler Stammhörer gründlich umgekrempelt. Doch erstens werden die kritischen Höreräußerungen vom Sender nicht unterdrückt, sondern im Internet-Gästebuch (warum eigentlich gibt es das nicht beim NDR Kultur?) veröffentlicht. Zweitens wendet sich die zuständige SWR-Redaktion an gleicher Stelle an die kritischen Hörer: Selbstverständlich werden wir aber die Erfahrungen mit der neuen Sendung sammeln und kritisch auswerten. Auch Ihre Kritik, für die wir uns nochmals bedanken, nehmen wir in diesem internen Diskussionsprozess sehr ernst.

Es ist der Ton, der die Musik macht. Im Norden aber wird anscheinend mehr dogmatisiert und abgewehrt, womöglich gar stigmatisiert als ernsthaft über den Kultur- und Bildungsauftrag eines öffentlich-rechtlichen Hörfunkprogramms nachgedacht - und allen derzeit mit Kulturprominenz geschalteten Annoncen (Ich höre NDR Kultur.) zum Trotz nur locker und so flach dahergedudelt, dass ein Leser des ZEIT-Dossiers den Namen NDR als "Nur Dürftiges Radio" entschlüsselte. Den Damen und Herren beim NDR und auch im Hörfunkrat müssten ob solcher Gleichsetzung die Ohren klingen.

Lesen Sie weitere Leserbriefe zum Leserbrief von NDR-Intendant Prof. Jobst Plog:

Dogmatisch müssen für Sie die vielen Komponisten sein,
die sich den für den NDR inakzeptablen Missgriff geleistet haben, mehrsätzige Musiken zu verfassen
Von Dr. Carl-Heinz Mann, Pinneberg

Als Herr Romann die "alten" Hörer Ajatollahs genannt hat, wo blieb da Ihr empörter Aufschrei?
Von Liane + Fritz Purfürst, Hamburg, 11. März 2005

Lesen Sie den Abschnitt des ZEIT-Dossiers "Rettet das Radio!" zu:

NDR Kultur, Hörfunkdirektor Gernot Romann und Initiative Das GANZE Werk
Gernot Romann ist so eine Art Egon Krenz des NDR - ein munterer Reformer, der nicht versteht, warum der Gegenwind immer stärker wird