Das GANZE Werk - Presseschau
Frankfurter Rundschau, 11. März 2005
Interview mit Alfred Möhrle, dem neuen Vorsitzenden des HR-Rundfunkrates:
Die Quote ist nicht alles - Den Kulturauftrag im Blick
Der Plan, HR-Klassik bei HR 2 zu integrieren, wird keinen Qualitätsverlust nach sich ziehen, eher im Gegenteil. Vielen Hörern ist das Programm von HR 2 zu dröge.
Interview Alfred Möhrle, 65 Jahre alt, ist seit dem 4. Februar 2005 Vorsitzender des Rundfunkrates des Hessischen Rundfunks. Der Mediziner, der privatärztlich eine orthopädische Fachpraxis in Bad Soden betreibt, wurde mit großer Mehrheit für zwei Jahre gewählt. Möhrle gehört dem Rundfunkrat seit 2001 als Vertreter des Verbandes freier Berufe in Hessen an. Von 1992 bis 2004 war er Präsident der Landesärztekammer Hessen und Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer. Der Rundfunkrat ist das wichtigste Aufsichtsgremium des HR; er wählt unter anderem den Intendanten und überprüft, ob die Programmgrundsätze eingehalten werden. rid |
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Frankfurter Rundschau: Der Rundfunkrat genehmigt den Haushalt des Senders. Inwieweit werden Sie als Vorsitzender versuchen, Einfluss zu nehmen, wenn es um die Umsetzung des Sparpaketes in Höhe von 130-140 Millionen Euro bis 2008 geht?
Alfred Möhrle: Erst einmal ist der Intendant zuständig, wenn es um die Einschnitte geht, die aus den Sparbeschlüssen folgen. Im März wird der Rat den "Konsolidierungsplan V" bekommen, der den Nachtragshaushalt und die Planung bis 2008 enthält. Dann werden wir im Detail darüber diskutieren.
Aber wird denn nicht an der falschen Stelle gespart, wenn Herr Reitze ankündigt, besonders beim Hörfunk und bei den Kulturprogrammen das Angebot zu reduzieren?
Ich habe keineswegs den Eindruck, dass man an der falschen Stelle spart. Es werden vielmehr alle Bereiche Federn lassen müssen. Überwiegend soll aber so gespart werden, das keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Programm festzustellen sind. Der Plan etwa, HR-Klassik bei HR 2 zu integrieren, wird keinen Qualitätsverlust nach sich ziehen, eher im Gegenteil. Wir wissen, dass vielen Hörern das Programm von HR 2 zu dröge ist. Das wird sich ändern, wenn wieder Klassik dabei ist.
Noch hat Onkel Otto seinen Platz... |
Noch hat Onkel Otto seinen Platz beim Hessischen Rundfunk. Das ist nicht selbstverständlich, denn bis 2008 will der Sender rund 140 Millionen Euro einsparen. (FR) |
Als Vertreter des Verbandes freier Berufe gehören Sie im Rundfunkrat keinem parteipolitischen Lager an. Haben Sie deshalb einen anderen Blick auf die Rundfunkpolitik als viele Ihrer Kollegen im Rat?
Ich habe besonders den Kulturauftrag der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender im Blick. Diese haben die Pflicht, möglichst viel Information und Bildung zu garantieren. Bei den Privatsendern zeichnet sich derzeit ein Niveau ab, auf das wir uns, bei allem Wettbewerb um die besten Einschaltquoten, einfach nicht begeben dürfen. Dschungelcamps oder Big-Brother-Shows - das sollte es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nicht geben. Die Quote ist nicht alles.
Bei ARD und ZDF scheint aber auch manches in Unordnung geraten zu sein. Die EU-Kommission nimmt gerade die E-Commerce-Angebote der Sender und den dubiosen Handel mit Sportrechten unter die Lupe.
An den irrsinnigen Preisen für Sportrechte ist doch die Kirch-Gruppe schuld, nicht ARD oder ZDF. Die Privatsender haben ihre Gebote jahrelang immer weiter erhöht, bis nichts mehr ging.
Und die ARD hat kräftig mitgeboten.
Das musste sie doch tun, sonst hätte sie ja vom Kuchen gar nichts abbekommen. Das Vorgehen der EU-Kommission richtet sich aber vor allem gegen Angebote einzelner ARD-Sender, welche möglicherweise kommerziellen Anstrich haben. Öffentlich-rechtliche Sender müssen keine Bratpfannen verkaufen, da hört der Spaß wirklich auf. Allerdings gab es nach meiner Kenntnis beim HR solche Fehlentwicklungen nicht. Bei restriktiveren Vorgaben aus Brüssel für diesen Bereich hätten wir also gar nichts zu befürchten.
Was sehen Sie als Hauptaufgabe für Ihre zweijährige Amtszeit als Rundfunkratsvorsitzender des HR an?
Ich möchte, dass der HR nicht nur das Unterhaltungsbedürfnis der Zuschauer, das ja offenbar immer stärker wird, befriedigt. Zum Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender gehört eben auch, Kultur- und Bildungsangebote zu vermitteln. Und das kann man in den dritten Programmen ganz ausgezeichnet tun.
Interview: Michael Ridder
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