Kulturwellen im Nord-Süd-Profil
Pfingstsonntag, 11. Mai 2008, 8.30 bis 23 Uhr
Sternstunden des Hörfunks: „Ein Tag mit Brahms“
Lieben Sie Brahms?
Bayern 4 Klassik zum 175. Geburtstag des Komponisten
Von Ludolf Baucke
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Programmschwerpunkte sind mittlerweile fast schon zur Gewohnheit engagierter Kulturwellen geworden. Auch der 175. Geburtstag von Johannes Brahms regte dazu an, wobei Bayern 4 Klassik an die Spitze der Gratulanten rückte. Bereits am Jubiläumstag wurde aus München an den am 7. Mai 1833 in Hamburg geborenen Romantiker erinnert. Die morgendliche „Allegro“-Sendung brachte die Akademische Festouvertüre und - als Gespräch zwischen Dagmar Penzlin und Wolfgang Sandberger, dem Leiter des Lübecker Brahms-Institutes - einen Bericht über die dort noch bis zum 30. August zu sehende Brahms-Ausstellung mit dem Titel „Ikone der bürgerlichen Lebenswelt“.
Pfingstsonntag war dann zwischen 8.30 und 23 Uhr „Ein Tag mit Brahms“. Acht Sendungen beleuchteten Werk und Wesen des Komponisten. Kammermusik und Lied, Chorwerke und Sinfonik, auch ein nachmittägliches „Pour le Piano spezial“ boten vielfältige Hörerlebnisse, wobei immer wieder mit wenigen Worten auf Eigenheiten der ausgewählten Werks hingewiesen wurde. Johannes Brahms wurde als Urheber von E-Musik sowie mit Walzern, ungarischen Tänzen und Zigeunerliedern auch als Komponist von U-Musik vorgestellt. Die „MusicHall“ am Mittag konzentrierte sich auf das leichte Genre. Um 9.15 Uhr wurde im Anschluss an das gewichtige f-Moll Klavierquintett Unterhaltsames pointiert. Max Herbstmeiers „Musikrätsel“ verzichtete zwar auf jeden Ton von Brahms, doch mit allerlei Wasserklängen und „Hamburgensien“ von Carl Philipp Emanuel Bach und Georg Philipp Telemann geriet das nordische Brahms-Umfeld ins Visier. „Wellen und Wogen“, der als op. 141 von Johann Strauß komponierte Walzer, schlug eine Brücke von Hamburg nach Wien. Johannes Brahms lebte dort seit September 1862. Er verehrte den Wiener Walzerkönig.
Selbst „Do Re Mikro“, die sonntägliche Kindersendung, porträtierte Johannes Brahms - zuerst als jahrzehntelang an seiner ersten Sinfonie arbeitenden Künstler, dann als Schöpfer des mit Kindern gehörten Violinkonzerts und schließlich als Komponist des Wiegenliedes „Guten Abend, gute Nacht“. Letzteres bescherte der von Rätselaufgaben eingerahmten Sendung den Titel „Schlaf ein“ und öffnete die Tür zu einem Schlaflabor. Das war „Lieben Sie Brahms?“ ganz kindgerecht.
Zwischen der nachmittäglichen Kinderstunde und den abendlichen Brahms-Schwerpunkten mit sinfonischer Musik in historischen Aufnahmen und geistlicher Musik porträtierte Susanne Schmerda den Jubilar unter dem Thema „Johannes Brahms, der behutsame Revolutionär“. Diese mit Texten von Brahms, Clara Schumann und Zeitgenossen sowie einem ausführlichen Statement des Musikforschers Ludwig Finscher unterfütterte Sendung war ein exemplarisches Beispiel für Kulturvermittlung. Anschaulichkeit und Informationsfülle hielten sich die Waage. Worte und Musik formten einen nachhaltigen Brahmsakkord.
Zufällig, doch keineswegs nebenbei fiel mir während des vorzüglichen Brahmsfeatures ein Mozart-Brief ein. Wolfgang Amadeus Mozart hatte am 28. Dezember 1782 seinem Vater Leopold über drei neue Klavierkonzerte berichtet und diese folgendermaßen umschrieben:
„Die Concerten sind eben das Mittelding zwischen zu schwer und zu leicht - sind sehr Brillant - angenehm in die ohren - Natürlich, ohne in das leere zu fallen - hie und da - können auch kenner allein satisfaction erhalten - doch so - daß die nichtkenner damit zufrieden seyn müssen, ohne zu wissen warum.“ (Schreibweise nach Band III der Mozart-„Briefe und Aufzeichnungen“, S. 245 f.)
Gewiss kannte Mozart nicht den Hörfunk, doch wenn seine künstlerischen Anschauungen von einem Kulturprogramm beherzigt werden, sind Sternstunden des Hörfunks garantiert.
abgeschlossen am 12. Mai 2008
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