NDR - Korrespondenz

Die Empörung von Frau Ritter-Volkmann ist nicht zu bremsen

Eigenlich sollte man meinen, eine solche gemeinschaftliche Zerstörung eines ehemals niveauvollen Rundfunkprogramms
sei nicht wirklich möglich, nicht rechtens
und auch nicht aufrechtzuerhalten

Kritik an einer angeblichen mundartlich Einfärbung bei einer Moderation

Vera Ritter-Volkmann

Hamburg, den 24. April 2005

Verteiler:
Herrn Prof. Jobst Plog
Frau Dagmar Gräfin Kerssenbrock
Frau Barbara Mirow
Herrn Gernot Romann
Herrn Michael Schreiber

Werte Damen und Herren,

wenn es - lassen Sie es mich einmal offen aussprechen - angesichts Ihrer kollektiven Uneinsichtigkeit auch wenig bis gar keinen Zweck hat, überhaupt noch einmal zu schreiben, so möchte ich heute ein letztes Mal doch noch einige Punkte festhalten.

Eigenlich sollte man meinen, eine solche gemeinschaftliche Zerstörung eines ehemals niveauvollen Rundfunkprogramms sei nicht wirklich möglich, nicht rechtens und auch nicht aufrechtzuerhalten, aber offenbar ist es doch so: Wo rohe Kräfte geschlossen sinnlos walten, kann man da nur sagen.

Gräfin Kerssonbrock schreibt in ihrem Brief vom 24.1.2005: "Die vorgenommenen Veränderungen bei NDR Kultur sind richtig." Die vielen protestierenden Hörer, die zahlreichen Veröffentlichungen in diesem Sinn etc. werden schlichtweg ignoriert, man behauptet einfach, die eigene Meinung bzw. Vorgehensweise sei richtig - schon ein sehr selbstherrliches Gebahren, um keinen stärkeren Ausdruck zu gebrauchen.

Vorigen Sonntag in der Matinee meinte Ihr Moderator Kühn, so wie man einen Klassiker der Literatur immer wieder lesen will (oder auch nicht), so wollen die Hörer viele Musikstücke gern wieder hören (aber doch nicht ununterbrochen!) , und schon ging es los, mit Mozart angefangen, wurden die Klassiker einer nach dem anderen bruchstückhaft heruntergedudelt, nicht mehr mitanzuhören, ich habe augenblicklich abgeschaltet. Große Musik wird von Ihnen kollektiv regelrecht vergewaltigt und zerstört.

Eine Bekannte von mir hatte sich, auch namens vieler gleichermaßen interessierter Hörer intensiver darum bemüht, daß die Moderatoren wieder ausgedruckt werden in der Hörzu- Rundfunkbeilage, wie es früher regelmäßig der Fall war. (...)

Uns und mir wäre es peinlich, wenn monatelang für alle Sendungen bis zum Nachmittag immer wieder "noch offen" gedruckt wird, denn es besagt doch, daß da jemand nicht in der Lage oder willens ist, dies wieder namentlich zu gestalten, aber wer mit großer Musik so ignorant und zerstörerisch umgeht, dem ist wohl nichts peinlich.

Inzwischen wollen wir alle auch gar nicht mehr, daß die Herrschaften namentlich ausgedruckt werden, einige dieser ganz und gar unfähigen Sprecher sollen nur endlich verschwinden, allen voran Herr Mende, der zwar freundlich redet, aber seine Aussprache ist so katastrophal (und nicht nur etwas mundartlich eingefärbt, wie Frau Mirow in einem Brief vor einiger Zeit einmal meinte), daß hier nicht die Musik, sondern die Sprache vergewaltigt wird. Jeder auch nur halbwegs einsichtige Mensch würde verstehen, daß das für einen Rundfunksprecher schlichtweg nicht tragbar ist, daß immer wieder gesagt wird: "Im tritten Satz bekleitet...". Krieg statt Grieg, Brag statt Prag, Tresden statt Dresden usw. usw. usw. sind nur einige wenige Beispiele, aber auch das stört die oben genannten Herrschaften augenscheinlich ganz und gar nicht, nur die Zuhörer, und die sind für diese Leute ja nicht maßgebend. (...) Klassik Radio läßt alles in allem grüßen.

Diesen Punkt wenigstens etwas "egalisieren" und vor allem die wunderbare Musik nicht mehr so verunstalten durch ständiges Herunterdudeln und Zerstückeln, das dürfte doch wirklich nicht so schwer sein, dem Hörer hier entgegenzukommen, wenn man nicht ganz und gar "zugemauert"* uneinsichtig ist.

Mit freundlichem Gruß
gez. Vera Ritter-Volkmann

* In Hamburg bezeichnen viele Kritiker, auch Journalisten den NDR als "Bunker" und die NDR-Verantwortlichen als "Betonköpfe".

Hinweis der Redaktion www.dasganzewerk.de:

Die Redaktion dokumentiert hier einen Brief, sie übernimmt damit nicht die Meinung der Autorin.
Auf der Homepage von NDR Kultur steht zu der "dialektischen Einfärbung":
"Er hat in der Schweiz Gesang studiert, sich dann aber doch dem gesprochenen Wort zugewandt; seine hessische Herkunft hört man ihm allerdings fast nur noch in Stresssituationen an..."
Wenn die Moderatorinnen und Moderatoren von NDR Kultur schon für ihre "anmutige" Moderation intensiv trainiert werden ("Coaching"), wäre es ja nicht undenkbar, dass NDR Kultur zur Vermeidung von bedeutungsrelevanten Missverständnissen ("begleiten" oder "bekleiden", "Grieg" oder "Krieg"/"Kriek") ein Aussprache-"Coaching" durchführt. Intern heißt es, dass die Möglichkeiten dazu vorhanden sind.
Lesen Sie Beispiele zu der Moderation in dem Stundenprotokoll vom 17. April 2004:
Eine gemütliche Sonntagsstunde mit drei Überraschungen
Na, da gackerte es ja mal wieder hier auf NDR Kultur (Moderator).

Lesen Sie zur Korrespondenz der Hörerin Ritter-Volkmann:

24. April 2005: Brief der Hörerin Ritter-Volkmann an NDR-Verantwortliche
Die Empörung von Frau Ritter-Volkmann ist nicht zu bremsen
Eigenlich sollte man meinen, eine solche gemeinschaftliche Zerstörung eines ehemals niveauvollen Rundfunkprogramms sei nicht wirklich möglich, nicht rechtens und auch nicht aufrechtzuerhalten

10. November 2004: Brief von Herrn Romann an die Hörerin Ritter-Volkmann
Ein neues Thesenpapier von Herrn Romann
Das Musikprogramm am Tage ist für Kenner und Liebhaber gedacht,
die wir mit einer attraktiven Mischung aus populären und weniger bekannten, aber hörenswerten Titeln anregen und unterhalten wollen.
Bei der Auswahl unserer Moderatorinnen und Moderatoren stellen wir allerhöchste professionelle Ansprüche.
Sie verzichten bewusst auf akademische Attitüden.

9. September 2004: Brief von Frau Mirow an die Hörerin Ritter-Volkmann
Die hessische Herkunft von Herrn Mende wird durch leichte dialektische Einfärbung deutlich
Ich bin mir sicher, dass dies von unserem weltoffenen norddeutschen Publikum sehr gern toleriert wird