NDR Kultur - Korrespondenz

16. November 2004: Frau Mirow antwortet für Herrn Romann

Die Bereitschaft, sich längeren, in sich geschlossenen Werken zu widmen, hat leider deutlich nachgelassen.

Antwort von B. Mirow auf den
Hörerbrief von Herrn E. Schrader an Herrn Romann

Brief im Original/Drucken (Pdf)

Herrn
E Schrader

b.mirow@ndr.de
16. November 2004

Sehr geehrter Herr Schrader,

der Programmdirektor des Norddeutschen Rundfunks, Herr Romann, hat mich gebeten, Ihnen auf Ihren Brief vom 28. Oktober 2004 zu antworten.

Ich bedauere es, dass Sie unzufrieden sind. NDR Kultur hatte gute Gründe, über die Ausrichtung des Programms nachzudenken. Unter dem alten Namen „Radio 3“ (bis Ende 2002) mussten massive Hörerverluste registriert werden. Deshalb haben wir uns in den vergangenen Monaten intensiv mit einem an Kultur und klassischer Musik interessierten Publikum auseinander gesetzt. Wir wollten wissen, wie ein Kulturprogramm genutzt wird bzw. welche Erwartungshaltung besteht.

Das Ergebnis zeigt eine deutliche Veränderung im Vergleich zu Aussagen früherer Jahre. Kulturprogramme werden heute tagsüber überwiegend zur Begleitung, zum Teil mit kürzerer „Verweildauer“, gehört. Die Bereitschaft, sich längeren, in sich geschlossenen Werken zu widmen, hat leider deutlich nachgelassen. Aus diesem Grund spielen wir auf NDR Kultur kürzere Werke bzw. einzelne Sätze aus Sinfonien, Solokonzerten oder Concerti Grossi. Wir achten dabei darauf, dass diesen einzelnen Sätzen eine innere Geschlossenheit zugrunde liegt.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Angebote im Abendprogramm nach wie vor größeren Zusammenhängen widmen. In dieser Zeit lässt sich ein Publikum mit einem Interesse an Kultur und entsprechender Musik auf konzentriertes Zuhören ein. Dann spielen wir Konzerte (sehr häufig live aus dem Sendegebiet), Opern oder wir senden Hörspiele, Gespräche, Kulturforen, Features oder Themenabende. Sie können sehr wohl auch Neue Musik hören (immer mittwochs nach dem Hörspiel)!

Das Musikprogramm von NDR Kultur wird unverändert von Fachredakteuren erstellt. Der Computer unterstützt in sinnvoller Weise.

Seit der Reform hat NDR Kultur bundesweit gut 40.000 Hörerinnen und Hörer dazu gewonnen. Damit ist sichergestellt, dass die beschriebenen Angebote auch genutzt werden. Auch mit diesem erfreulichen Zugewinn werden wir in der grundsätzlichen Ausrichtung ein Programm bleiben, das sich an sogenannte Minderheiten wendet und das dem Bildungsauftrag gerecht wird.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Barbara Mirow (NDR Kultur Leitung)

Antwort für Herrn Romann auf:
Warum wird mir als Zwangsgebührenzahler der Zugang zu einem niveauvoll und fachlich fundiert moderierten Musikprogramm verwehrt?
Brief von E. Schrader an G. Romann
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