Das GANZE Werk - Presseschau
Landesamt für Denkmalpflege Bremen, Frühjahr 2009
Es ist amtlich: Sendesaal ist Denkmal
Kulturdenkmal aus heimat- und technikgeschichtlichen Gründen
„Der Konflikt um den Sendesaal von Radio Bremen ist zugunsten des Denkmalschutzes entschieden worden.
Sendesaal - Innenaufnahme |
Nachdem die Investoren Heise und Klima von Ihrem Kaufvertrag mit Radio Bremen zurückgetreten sind, sind inzwischen auch die Widersprüche gegen den Unterschutzstellungsbescheid zurückgenommen worden. Nun wird das Kaufangebot von Hübotter und Kathmann zum Zuge kommen. Das Konzept der Bauunternehmer sieht vor, den Sendesaal weiterhin für Musikaufführungen zu nutzen.
„Das sind schöne Aussichten, nicht nur für uns Denkmalpfleger, auch für alle Musikliebhaber“, freut sich Skalecki.
Der Sendesaal wurde 1952 nach Entwürfen des Architekten Hans Storm errichtet. Storm konzipierte das Musikstudio für große Unterhaltungs- und Sinfonieorchester. „Der hochwertige Konzert- und Aufnahmeraum gilt durch seine exzellente Akustik und Atmosphäre als ein Juwel unter deutschen Sendesälen“, sagt Skalecki. Diese Eigenschaften sind es, die zahlreiche Künstler aus dem In- und Ausland für Ihre CD-Aufnahmen in den Sendesaal nach Bremen kommen ließen.
Technikgeschichtliche Bedeutung des Sendesaals
Der Bremer Sendesaal zählte neben dem Kölner Sendesaal (1950), dem Studio 10 in Hamburg (1950), dem Sendesaal in Hannover (1951/52) und dem Saal des Südwestfunks in Baden-Baden (1951) zu den frühesten neu errichteten größeren Hörfunkstudios in Nachkriegsdeutschland. Als einziger unter den genannten Beispielen verfügte er über eine innovative Federnlagerung zur Vermeidung von störender Körperschall-Übertragung.
Seine technikgeschichtliche Bedeutung lässt sich mit folgenden Stichworten skizzieren:
• erster größerer im Wand- und Deckenbereich federngelagerter Raum-in-Raum-Hörfunkstudiobau in Deutschland
• Aufnahme- und Senderaum mit bis heute vorbildlichen akustischen Eigenschaften
• frühes Experimentierfeld des bedeutenden Hörfunk-Akustikers Dr. Walter Kuhl
• erste und vorbildgebende Verwendung des traditionellen Werkstoffes „Holzdrahtgewebe“ als optisch trennendes, akustisch durchlässiges Binnenwandmaterial
• Versuch einer neuartigen variablen Akustik mit verstellbaren Filzbahnen
• für Studioräume dieser Größe bis damals einzigartige und wegweisende Schallzerstreu-ung bei gleichmäßiger Nachhallzeit-Frequenzkurve
• Seltenheitswert als ein fast unverändert erhaltener
Sendesaal - Außenaufnahme |
Zur Vermeidung stehender Schallwellen gibt es keine parallelen Wände: Die rückwärtige Stirnseite des Saales ist gewölbt, die Langseiten laufen vom Podium aus leicht trichterförmig auseinander. Die Decke ist eine an Federn abgehängte Konstruktion aus Rabitzgewebe mit aufwändig und kunstvoll stuckierter Unterseite.
Der Sendesaal ist mehr als nur ein Technikgebilde
Trotz seiner betonten Rationalität und Funktionalität verrät der Bau, speziell im Inneren, das Bestreben nach künstlerischer Formgebung und ist mehr als nur ein Technikgebilde.
Mit seiner ursprünglichen Bezeichnung „Funktheater“ erinnerte der Sendesaal an die gleichnamige provisorische Vorgängereinrichtung in dem zunächst von den Amerikanern für den Sender beschlagnahmten, später dann bis Mitte 1952 von Radio Bremen gemieteten Saal des St. Pauli-Restaurants in Horn. Er spiegelt so bis heute die ersten Anfänge der Sender-Nachkriegsgeschichte wider.
Wesentliches Element des damaligen Rundfunkkonzeptes war der „persönliche Kontakt mit den Hörern“, den man durch Aufnahme- und Sendeveranstaltungen mit Publikum in dem für cirka 220 Personen ausgelegten Sendesaal herstellen konnte.
Später wurde der Sendesaal als „Studio F“ für die unterschiedlichsten Musiksparten und Ensemblegrößen sowie weitere Hörfunkzwecke eingesetzt.
Mit all diesen Eigenschaften verkörpert der Radio-Bremen-Sendesaal in besonderem Ausmaß Bremer Rundfunkgeschichte und hat somit hohe heimatgeschichtliche Bedeutung.
Zusammengefasst ist der Radio-Bremen-Sendesaal ein Kulturdenkmal aus heimatgeschichtlichen (lokalen rundfunkgeschichtlichen) und technikgeschichtlichen Gründen.