Das GANZE Werk - Presseschau
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Reinhold Beckmann (...), Geschäftsführer der Firma Beckground TV, die für rund 6,5 Millionen Euro jährlich dem NDR und dem Ersten 38 Talkshows liefert, hat vertragsweise zugesichert, die ARD über seine Werbeauftritte vorab zu informieren. Er hat es versäumt, den NDR im Spätherbst 2005 zu benachrichtigen, dass er für die Versicherung WWK zum Thema Altersvorsorge werben wolle.
Es ist eine peinliche Kombination. „Reiner Zufall, aber, ich gestehe: dumm gelaufen“, sagt Beckmann. Eine „Interessenvermengung“ habe es nicht gegeben.
Süddeutsche Zeitung, 4. Mai 2006 (Ausschnitte)
Einkünfte von Beckmann und Kerner
„Dumm gelaufen“
Von Hans Leyendecker
Da hebt man ab: Zwei der bekanntesten Gesichter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Moderatoren Reinhold Beckmann und Johannes B. Kerner, fielen unangenehm auf, weil sie Grenzen zwischen Journalismus und Werbung verwischten oder sich für riskante Aktienabenteuer einspannen ließen.
In einer Telefonkonferenz kritisierte neulich NDR-Intendant Jobst Plog - wie früher schon - kommerzielle Exzesse bei den Gewinnspielen im eigenen Abend-Fernsehen. Der Konter kam prompt: „Das sagt der Vertreter der für Reinhold Beckmann zuständigen Anstalt“, ätzte MDR-Intendant Udo Reiter.
Über Moral und Regeln im Journalismus halten die Intendanten der ARD und des ZDF kluge Vorträge - und nach handfesten Skandalen um Schleichwerbung im gebührenfinanzierten Programm haben sie auch allerlei Gebote und Verbote neu formuliert. Spätestens aber in diesen Tagen dämmert den Hierarchen, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit Riesen-Unterschiede bestehen. Zwei der bekanntesten Gesichter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Moderatoren Reinhold Beckmann, 50, und Johannes B. Kerner, 41, fielen auf, weil sie Grenzen zwischen Journalismus und Werbung verwischten oder sich für riskante Aktienabenteuer einspannen ließen.
Beckmann und Kerner - beide arbeiteten einst beim Fußballfernsehen ran des Privatsenders Sat 1 und sind heute freie, fürstlich bezahlte Unternehmer-Moderatoren, die aber vom Publikum wie selbstverständlich den jeweiligen öffentlichen Sendern zugerechnet werden. Kerner (ZDF) schafft im Jahr die rekordverdächtige Zahl von 142 Sendungen, Beckmann (ARD) kommt auf rund 60 Sendungen. Da hebt mancher schon mal ab.
Reinhold Beckmann (...), Geschäftsführer der Firma Beckground TV, die für rund 6,5 Millionen Euro jährlich dem NDR und dem Ersten 38 Talkshows liefert, hat vertragsweise zugesichert, die ARD über seine Werbeauftritte vorab zu informieren. Er hat es versäumt, den NDR im Spätherbst 2005 zu benachrichtigen, dass er für die Versicherung WWK zum Thema Altersvorsorge werben wolle. Der Nebenverdienst fiel auf, weil Beckmann in einer Sendung im März mit Ex-Minister Norbert Blüm locker über die Rente sprach und mit ZDF-Kollegin Nina Ruge (Leute heute) jene Dame mitplauderte, die früher für WWK geworben hatte. Der Zuschauer erfuhr von all dem nichts. Im NDR heißt es, die Sendung wäre nie zu Stande gekommen, wenn man von WWK gewusst hätte.
Lebenslügen des Systems
Das Skript der Sendung liest sich nicht wie eine Produktwerbung - aber es ist eine peinliche Kombination. „Reiner Zufall, aber, ich gestehe: dumm gelaufen“, sagt Beckmann. Eine „Interessenvermengung“ habe es nicht gegeben. Nina Ruge sei als Buchautorin geladen gewesen und habe über den Krebstod ihrer Eltern geredet. Künftig will er Werbeverträge vorab mit dem NDR abstimmen. Ansonsten droht ihm Kündigung - oder zumindest eine Art Abmahnung.
Die Zeichen der neuen Zeit sind eindeutig: TV-Größen wie Thomas Gottschalk, Günther Jauch, Harald Schmidt oder Beckmann und Kerner inszenieren ihre Auftritte auf eigene Rechnung mit eigenen Firmen und sind für Werbung attraktiv. Mancher von ihnen, auch Beckmann, spendet einige Sonder-Einkünfte für gemeinnützige Zwecke - fürs Publikum aber ist der Journalist nicht von der Werbefigur zu unterscheiden. So wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk von Lebenslügen geplagt. Die Sender gehen einerseits gegen Schleichwerbung an - andererseits aber kassierte NDR-Sportchef und Hauptabteilungsleiter Gerhard Delling den Großteil seines außertariflichen Gehalts von einer ARD-Werbetochter. Und im WM-Jahr wird Fußball-Unternehmer Günter Netzer wie gehabt im ARD-Studio als Chefanalyst auftreten, während beim ZDF die Werbe-Ikone Franz Beckenbauer wenig auslässt. (...)