Das GANZE Werk - Presseschau
Frankfurter Rundschau, 31. Dezember 2005
Ausschnitt aus: Ein medienpolitischer Rückblick auf das Jahr 2005
Werber und Wächter
Die ARD erhält die abenteuerliche Unterscheidung
zwischen Werbung und Sponsoring aufrecht
Von Daland Segler
(...)
Erst nach Debatte um die Gebührenerhöhung
wurde die ARD Zentrum eines Skandals ohnegleichen
Selten gab es wohl so viel Anlass für einen medienpolitischen Rückblick wie in diesem Jahr. Nach der hitzigen Debatte um die Gebührenerhöhung, die zum 1. April in Kraft trat und Ergebnis einer bislang einmaligen Einmischung der Politik in die Gebührenhoheit war, konnte die ARD vom Glück sagen, dass sie erst danach Zentrum eines Skandals ohnegleichen wurde. Denn der epd-Redakteur Volker Lilienthal deckte die Praxis der Schleichwerbung in ARD-Programmen wie Marienhof nach jahrelangen Recherchen auf und stürzte den Senderverbund damit in dessen vielleicht größte Krise seit Bestehen. Bei der ARD-Tochter Bavaria mussten die Bosse gehen, Dutzende von Sendungen wurde auf verdeckte Werbung hin überprüft und zum Teil um problematische Passagen gekürzt: Auch Schimanski verschwand deshalb vorerst vom Bildschirm.
Die Beschwörungen, so etwas dürfe nie wieder passieren, wurden aber von der EU konterkariert mit den Erwägungen, Werbung in dieser Form vielleicht künftig zuzulassen - nicht unbedingt weltfremd, wenn man bedenkt, dass die ARD die abenteuerliche Unterscheidung zwischen Werbung und Sponsoring aufrecht erhält, um trotz Werbeverbots nach 20 Uhr Firmenlogos einblenden zu können: Kaum noch ein Film im Abendprogramm, der nicht von xyz „präsentiert“ wird - wenn nicht der Entertainer sich gleich in den Dienst eines Unternehmens stellt wie etwa Thomas Gottschalk im ZDF. (...)