Das GANZE Werk - Presseschau
WELT am SONNTAG, 6. März 2005
Rundfunkgebühren sind wie Kulturförderung
In der Nische liegt die Quote
von Axel Brüggemann
5. Die Nachricht
Die EU hat die öffentlich-rechtlichen Sender geprüft. ARD und ZDF verstoßen gegen EU-Recht, haben Wettbewerbsvorteile durch "Zwangsgebühren" und verdienen Geld, ohne dem öffentlichen Auftrag nachzukommen.
Der Kommentar
Leute wie WDR-Intendant Fritz Pleitgen sind die Inkarnation des öffentlich-rechtlichen Geistes - sie predigen Wahrhaftigkeit und leben von Werbung. Vor kurzem posierte Pleitgen auf Werbeplakaten der Sparkasse mit dem Slogan: "Öffentlich-rechtlich bedeutet: für alle da sein." Jetzt tobt er über den Brief der EU. "Starker Tobak" sei das und eine Gefahr, daß der öffentliche Rundfunk vor einem "kapitalistischen Sowjetismus" stünde. Seit Jahren scheitern Intendanten wie er am Spagat zwischen Freiheit durch Gebühren und Orientierung an privaten Vorbildern. Der öffentlich-rechtliche Kulturauftrag wird mit Sendungen wie "Lesen" oder dem "Echo-Klassik" abgehakt, teuer eingekaufte Sportübertragungen sind Dauerwerbesendungen, das öffentliche Radio ein Dudelfunk, und die Boulevardisierung im Fernsehen führt von "Brisant" bis in die "Tagesthemen".
Rundfunkgebühren sind wie Kulturförderung. Sie sollen Nischen ermöglichen. Statt zu meckern, müßten Pleitgen und seine Kollegen den EU-Brief für eine radikale Reform nutzen: massive Gebührenerhöhung und Abkopplung der öffentlichen Sender vom Werbemarkt. In Zeiten der Qualitätsverflachung wäre Qualität auch wieder Garant für gute Einschaltquoten.
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