Das GANZE Werk - Presseschau
Main-Post Würzburg, 21. Januar 2005
nach: newsroom.at - nachrichten für jourmalisten, 21. Januar 2005
NDR-Intendant will weniger Einfluss der Politik - Niedersachsen mehr
Hamburg (dpa) - In den vergangenen zwei Jahren war der Intendant des Norddeutschen Rundfunks, Jobst Plog, auch Vorsitzender der ARD.
In dieser Zeit kämpfte er einen - anscheinend erfolglosen - Kampf gegen Politiker, die über die Rundfunkgebühr Einfluss auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nehmen wollten.
Nun macht er sich als Chef der Vier-Länder-Anstalt NDR Sorgen über die Unabhängigkeit seines Senders. Hintergrund sind Bestrebungen Niedersachsens, durch eine Änderung des NDR-Staatsvertrags den politischen Einfluss auf die Aufsichtsgremien zu verstärken.
In einem Artikel in der „Zeit“ mit der Überschrift „Raubzug gegen den Rundfunk“ forderte Plog in dieser Woche eine „klare Trennung zwischen Politik und Medien“ und mittelfristig den völligen Rückzug von Regierungsvertretern aus den Gremien. An diesem Punkt werde sich auch „die vom niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff ohne erkennbaren Anlass ausgelöste Diskussion über den NDR- Staatsvertrag messen lassen müssen“.
Was zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt war: Niedersachsen geht mit der Forderung nach mehr Regierungseinfluss beim NDR in die Verhandlungen mit den Partnerländern Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein.
Im Dezember 2004 hatte der Hannoveraner Regierungschef Wulff (CDU) laut über eine Kündigung des NDR-Staatsvertrags nachgedacht. Begründung: Es werde nicht genug aus Niedersachsen berichtet, wo 60 Prozent der NDR-Gebührenzahler wohnten. Die Gespräche mit den anderen Ländern zogen sich in die Länge, und der letzte Kündigungstermin 28. Februar rückte näher. Um in Ruhe weiter verhandeln zu können, einigte man sich auf eine Verlängerung der Kündigungsfrist bis zum 31. Juli.
Inzwischen liegt die Verhandlungsposition Niedersachsens schriftlich vor. Und was dort steht, hat die SPD-Ministerpräsidenten Heide Simonis (Kiel) und Harald Ringstorff (Schwerin) zu finsteren Vermutungen veranlasst. Neben stärkerer regionaler Berichterstattung werden zwei wesentliche Veränderungen der NDR-Gremien vorgeschlagen. Der Rundfunkrat soll von 58 auf 38 Mitglieder verkleinert und die von den Verbänden entsandten Vertreter jederzeit abberufen werden können. Der zwölfköpfige Verwaltungsrat, in dem alle wichtigen Personalentscheidungen fallen, soll nur noch zur Hälfte vom Rundfunkrat gewählt werden. Die andere Hälfte wird von den Landesregierungen berufen.
Ringstorff und Simonis haben keinen Zweifel, dass die Vorschläge die Handschrift Wulffs tragen, und reagierten entsprechend. Simonis hat „das Gefühl, da geht es um Veränderungen von Machtstrukturen. Er möchte von außen Programme mitgestalten“.
Ringstorff sieht es ähnlich: „Des Pudels Kern aber ist, dass er auf den NDR mehr politischen Einfluss nehmen will.“ Und er fühlt sich sogar an DDR-Zeiten erinnert: „Als ehemaliger DDR-Bürger weiß ich, was es bedeutet, wenn die Politik vollen Zugriff auf den Rundfunk hat.“
Beide dürften mit Überraschung zur Kenntnis genommen haben, dass Wulffs Staatskanzlei das Ganze als „Überlegungen auf Rundfunkreferentenebene“ bezeichnete und am Freitag sogar zu der Verhandlungsposition des Landes erklärte: „Das ist explizit nicht die Position von Herrn Wulff.“
Alle Beteiligten - auch Wulff - betonen, dass sie den NDR als Vier-Länder-Anstalt erhalten wollen. Zumindest Ringstorff hat jedoch durch die Schärfe seines Protestes durchblicken lassen, dass er sein Land nicht an einem Sender beteiligen will, der nach den niedersächsischen Vorstellungen gesteuert wird. Im „Fall der Fälle“ könnte sich der Blick auf der Suche nach einem neuen Partner dann statt nach Westen zu den südlichen Nachbarn Berlin und Brandenburg richten, die gemeinsam den RBB betreiben.
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