Das GANZE Werk - Presseschau
Das Treffen der Nord-Regenten
Hannover - Die fünf norddeutschen Länder wollen beim Ausbau von Verkehr und Infrastruktur künftig enger als bisher zusammenarbeiten. Nach der Erweiterung der EU sei dies noch wichtiger geworden, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) am Freitag in Hannover nach einem Treffen mit den Regierungschefs von Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Niedersachsen kündigte an, daß es über eine Kündigung des NDR-Staatsvertrags nachdenkt. Wulff und seine Amtskollegen Heide Simonis (SPD), Henning Scherf (SPD), Ole von Beust (CDU) und Harald Ringstorff (SPD) waren sich darin einig, daß Norddeutschland nach der Erweiterung der Europäischen Union eine "Brückenfunktion" in Europa zukomme. Weiteres Gesprächsthema war auch die Airbus-Krise und der Streit um die Verlängerung der Landebahn. Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust sagte: "Am dem Werkstandort und der Zulieferindustrie hängt eine große Anzahl von Arbeitsplätzen, nicht nur in Hamburg, in allen Bundesländern des Nordens." dpa/esh
NDR muß reagieren
Der Kommentar von Uwe Bahnsen
Als Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) eine grundlegende Reform der Kultusministerkonferenz verlangte, war die Empörung in den anderen Landeshauptstädten groß. Heute wird der Handlungsbedarf in dieser Sache nicht mehr bestritten. Ähnlich wird es mit Wulffs Forderung nach einschneidenden Strukturveränderungen im Norddeutschen Rundfunk gehen, auch wenn er dabei möglicherweise nicht nur rundfunkpolitische Ziele verfolgt. Zwar ist der Vorwurf, im NDR werde zu wenig über Niedersachsen berichtet, ein "Dauerbrenner". Auch Wulffs Amtsvorgänger waren regelmäßig dieser Meinung, sagten dabei Niedersachsen und meinten durchaus auch die eigene Person. Der NDR wird diese Kritik widerlegen können. Das Verlangen des Regierungschefs aber, die Gremien zu verkleinern, ihre Arbeit zu straffen und das Kostenbewußtsein auf allen Ebenen zu schärfen, wird auf breite Unterstützung in den vier NDR-Staatsvertragsländern stoßen, und das mit gutem Grund. Der NDR wäre ebenso wie die anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gut beraten, von sich aus und ergebnisoffen zu prüfen, welches Rationalisierungspotential sich aktivieren läßt. Die Drohung aus Hannover, den Staatsvertrag zu kündigen, ist mehr als das Finassieren zum Auftakt von Verhandlungen. Der NDR ist schon einmal in eine schwere Krise geraten, weil entsprechende Ankündigungen auf die leichte Schulter genommen wurden. NDR-Intendant Jobst Plog kann das unmöglich vergessen haben. Es ist ziemlich unerheblich, ob Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) in Schwerin Wulffs Forderungen berechtigt findet oder nicht. Wenn einer von vier Bewohnern mit Feuer hantiert, brennt leicht das ganze Haus. Da gibt es einschlägige Beispiele.
DIE WELT, 4. Dezember 2004