Das GANZE Werk - Presseschau

Berliner Zeitung, 29. November 2003

Am Montag startet das neue Kulturradio des RBB

Der Sopran kommt erst am Nachmittag

RBB-Hörfunkchefin Hannelore Steer: „Wir wollen nicht nur die Hochkultur widerspiegeln, auch Alltagskultur, Szenekultur und politische Kultur gehören dazu.“

Von Torsten Wahl

Im Herbst 89 hätte man ihn einen Wendehals genannt: Bis eben noch die alte Politik verteidigt, nun unter dem Druck der Verhältnisse plötzlich der Vorreiter einer neuen Strategie. „Wir nehmen kraftvoll Abschied vom Rundfunkmuseum, vom Radio der 50er-Jahre“, tönte Wilhelm Matejka bei der Präsentation des neuen RBB-Kulturradios. „Ab jetzt machen wir richtiges Radio, mit einem neuen frischen Ton.“ Matejka war seit 1987 für die „E-Musik“ beim SFB verantwortlich, leitete erst SFB 3, dann Radio Kultur und ist nun auch Wellenchef des neuen, reformierten RBB-Kulturradios, das aus Radio Kultur und radio Drei hervorgeht.

Aber sei's drum: Das Konzept des neuen Kulturradios verdient erst mal Kredit. Denn die beiden Vorläufer sendeten ein traditionalistisches, oft belehrendes Programm für Hörer, die mit der Programmzeitschrift auf den Knien und dem Kopfhörer auf den Ohren ihrem Sender lauschten. Diese Hörergruppe wurde immer kleiner und immer älter. Die RBB-Intendantin Dagmar Reim aber wünscht sich ein Radio für die Generation „40 Plus“ und vor allem eins: „Beim Radiohören mal wieder lächeln!“

Nach dem Fusionsbeschluss tobte daher ein Streit unter den Redakteuren. Die einen wollten sich stärker den Musikgenres jenseits der Klassik öffnen, für andere war schon das Senden kleinerer Klassikportionen Verrat an der Hochkultur. Das Konzept des neuen Kulturradios, das am Montag auf Sendung geht, ist ein Kompromiss. Zwischen sechs und 18 Uhr laufen vier Magazinstrecken mit dem Markenkern „Klassik“. Erst am späten Abend werden auch Jazz, Weltmusik oder Blues zu hören sein. „Nur die Musikfarbe Klassik macht unser Programm sofort identifizierbar“, sagt Wellenchef Matejka. Um das Programm durchhörbar zu machen, soll das klassische Repertoire besser der Tageszeit angepasst werden. „Ein hochdramatischer Sopran verschreckt frühmorgens die Leute“, sagt Musikchef Christian Detig. Die Wortbeiträge in den Magazinen sollen kürzer und vielfältiger sein als bisher. „Wir wollen nicht nur die Hochkultur widerspiegeln“, erklärt RBB-Hörfunkchefin Hannelore Steer. „Auch Alltagskultur, Szenekultur und politische Kultur gehören dazu.“

Parallel-Kultur

Der RBB lässt sich das Programm einiges kosten. Der Jahresetat liegt bei 3,7 Millionen Euro und damit über dem Budget des früheren Radio Kultur. Mit 45 festen Redakteuren ist die Mannschaft vom Kulturradio doppelt so stark wie die Belegschaft anderer RBB-Radios. Bis zum Ende des Jahres kann der RBB noch beide Frequenzen von Radio Kultur und Radio Drei nutzen. Die neue Klassikwelle ist damit in Berlin parallel auf 92,4 und 96,3 Megahertz zu hören. Anschließend muss die Medienanstalt über die Frequenzen neu entscheiden.

RBB Kulturradio startet:
Frischwärts - Der RBB startet am Montag sein neues „Kulturradio“
Kulturradio bedeutet zwei Radios in einem: vom frühen Morgen bis 18 Uhr ein „Begleitprogramm“, danach „Einschaltradio“ - Der Tagesspiegel, 28. November 2003
• Der Sopran kommt erst am Nachmittag - Am Montag startet das neue Kulturradio des RBB
RBB-Hörfunkchefin Hannelore Steer: „Wir wollen nicht nur die Hochkultur widerspiegeln, auch Alltagskultur, Szenekultur und politische Kultur gehören dazu.“
Berliner Zeitung, 29. November 2003

In der Kürze liegt die Würze - Morgen startet das neue Kulturradio des RBB
Der RBB setzt auf Kultur in Häppchen - Einstundensendungen, halbstündige Lesungen und längere Formen wie die „Klassik Galerie“ fallen weg
Berliner Morgenpost, 30. November 2003