Moderation auf NDR Kultur
NDR Kultur, 22. September 2008, Klassisch unterwegs, 18.38 Uhr
Widersinnige Verrenkung, um tagsüber keine ganzen Werke zu senden - Da reichte es sogar der Technik, sie streikte
„Tja, tja“, auf welchem Kultursender gibt es das noch einmal?
„Rachmaninow hat als Komponist mit den Sätzen 2 und 3 angefangen. Tja, und dann machen wir es hier auf NDR Kultur einfach auch. Hier ist der 2. Satz.“
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Von Theodor Clostermann
Zu hören gibt es auf NDR Kultur aber nicht das 2. Klavierkonzert in der Reihenfolge: 2. Satz, 3. Satz und zum Schluss den 1. Satz, wie es sich aus der Logik der Moderation ergibt und wie es im schnellen Durchgang dem Zyklus „Das ganze Meisterwerk - als Fortsetzungsmusik auf NDR Kultur: Beethovens 7. Sinfonie“ entsprechen würde. Auch nicht den 2. Satz allein, wie sie es dann konkret erst einmal ansagt.
Sondern: einen 1. Sinfoniesatz von Joseph Haydn...
Dokumentation: NDR Kultur, 22.09.2008, 18.38 UhrModeratorin: Geht Ihnen das manchmal auch so, dass Sie eigentlich denken, dass Komponisten Ihre Werke chronologisch schreiben? Man fängt da brav beim ersten Satz an und endet dann beim vierten oder bei welchem auch immer, je nachdem, was für eine Gattung man komponiert. Aber Rachmaninow zum Beispiel, der hat sein 2. Klavierkonzert geschrieben und hat mit den Sätzen 2 und 3 angefangen. Tja, und dann machen wir es hier auf NDR Kultur einfach auch. Hier ist der 2. Satz aus dem Klavierkonzert Nr. 2 von Sergej Rachmaninow. Lang Lang ist der Solist. [Es erklingt reine Musik der Wiener Klassik: Joseph Haydn, Abschiedssinfonie, 1. Satz, wohlbekannt auf NDR Kultur wegen ständiger Wiederholung.] [6 Minuten später:] Moderatorin: Tja, dieses Stück war natürlich weit davon entfernt, das 2. Klavierkonzert von Rachmaninow zu sein, wie ich vor Beginn des Stückes behauptet habe. Das war natürlich der 1. Satz aus Joseph Haydns Sinfonie in fis-moll, Frans Brüggen dirigierte das Orchestra of the Age of Enlightenment. Und der Rachmaninow, der kommt jetzt. Versprochen. 2. Konzert, 2. Satz, der Solist ist Lang Lang. |
Wie kam es dazu?
Der NDR-Kultur-interne Zwang, tagsüber keine ganzen Werke zu senden (bis auf wenige kurze Kompositionen der Zeit bis 1790) treibt zu immer verwegeneren Begründungen, weil die Wahrheit über das Netzwerk der sätzchen- und worthäppchenweisen Planung verschwiegen wird.
Da spielt selbst die Technik nicht mehr mit, siehe Rachmaninow-Haydn-Panne.
Die Argumentation der Moderatorin ist so verworren, so weit dahergeholt, dass wir „weit davon entfernt“ sind, sie Ihnen zu übersetzen oder sie auch nur zu kommentieren.
Solche Verrenkungen entfallen, wenn sich der NDR den Vorschlag unserer Eingabe zu eigen macht:
„In der Hauptsendezeit, d.h. vor- und nachmittags, richtet NDR Kultur in größerem Umfang gestaltete Wortsendungen (mit längeren Beiträgen zur Kultur) und Musiksendungen (mit zusammenhängenden musikalischen Werken) ein.“
Verfasst am 23. September 2008. - Aus urheberrechtlichen Gründen dürften wir bestenfalls eine Woche lang kurze akustische Belege veröffentlichen. Darauf verzichten wir.
Anhang
Wir wurden auf die laufende ungewöhnliche Moderation durch eine Meldung zwanzig Minuten zuvor aufmerksam.
22. September 2008, 18.19 Uhr, Moderatorin, nach der Absage des 2. Satzes des „Concierto de Aranjuez“ von Joaquín Rodrigo:
„Er unterstützte die Festspiele in Baden-Baden und überhaupt weltweit Kulturinstitutionen aller Art, der große, aus Kuba stammende Kunstmäzen Alberto Vilar. Jetzt wird ihm in New York der Prozess gemacht: Wertpapierbetrug und Geldwäsche wird ihm vorgeworfen, und zwar im Wert von sage und schreibe 5 Millionen Dollar, das sind circa 3,4 Millionen Euro... Naja, irgendwoher muss schließlich auch ein Geldmäzen sein Geld nehmen.“
Diese Großzügigkeit verwundert uns sehr. Kein Kommentar.