Das GANZE Werk - Prominentenparade (Hörfunk)
4. April 2005, "auf NDR Kultur..."
Prominenten-Werbespot mit Ute Lemper
Für seine Eigenwerbung bringt NDR Kultur
Künstlernamen in Misskredit
Den Hörern wird etwas angepriesen, was NDR Kultur ihnen verwehrt
Sinngemäß war am 4. April 2005, zwischen 17.30 und 18.30 Uhr "auf NDR Kultur" folgender Werbespot mit Ute Lemper zu hören:
Ute LemperIch lebe in New York und interessiere mich insbesondere für die Musik des 20. Jahrhunderts, zum Beispiel Schönberg, Górecki, Busoni. Immer wenn ich mich in Norddeutschland aufhalte, höre ich deshalb gerne NDR Kultur. |
Halt. Irgendetwas stimmt da doch nicht. Haben wir, haben Sie im Programm von NDR Kultur - nicht von NDR 3 oder Radio 3, das war einmal und zählt nicht mehr - Musik von Arnold Schönberg, Henryk Górecki oder Ferruccio Busoni gehört? Gemeint ist übrigens das Tagesprogramm von 6 bis 19 Uhr, denn für dieses Programm wird der ganze Prominenten-Rummel von NDR Kultur veranstaltet und nur während dieser Zeit werden die Prominenten-Werbespots gesendet.
Also, Sie können sich nicht so recht erinnern? Wir auch nicht. Mit Recht.
Was hat Ute Lemper wohl gehört? Schauen wir mal nach. NDR Kultur veröffentlicht auf seiner Homepage meistens die Programmfahnen von NDR Kultur (es gibt Links am unteren Ende einer Tagesübersicht). Es geht um die Sendungen "Klassisch in den Tag", "Matinee", "Klassik à la Carte" bzw. "Concerto" (Sonntag) und "Klassisch unterwegs" bzw. "Klassik-Boulevard" (Sonntag). Uns liegen alle veröffentlichten Programmfahnen seit Mitte Mai 2004, also der letzten 11 Monate vor.
Sie werden gleich sehen: NDR Kultur kennt sein eigenes Programm nicht. Der Werbetext entspricht nicht der Realität von NDR Kultur. Für seine Eigenwerbung bringt NDR Kultur den Namen Ute Lempers leichtfertig in Misskredit. Und Hörer fühlen sich verspottet, weil ihnen von Ute Lemper etwas angepriesen wird, was sie auch hören wollen, aber nicht hören können, weil der Sender es ihnen verwehrt. Verkehrte Welt! Wer hat das zu verantworten?
Musik des 20. und 21. Jahrhunderts gibt es zwar - satzweise - bei NDR Kultur, aber nicht die, von der Ute Lemper spricht. Zu den bis zum Überdruss gespielten Highlight-Stücken des 20. Jahrhunderts gehören solche, die einen Hang zur Unterhaltungsmusik haben:
- ein Tanzsatz aus der Suite für Jazzorchester Nr. 2 von Dmitrij Schostakowitsch (60x seit Mitte Mai 2004)
- Knightsbridge aus "London" von Eric Coates (27x)
- Walzer aus der Orchestersuite Masquerade von Aram Chatschaturjan (21x)
- Ouvertüre zu Candide von Leonard Bernstein (16x).
Große Ebbe hingegen bei der ernsten oder anspruchsvollen Musik, von der Ute Lemper spricht.
Tagesprogramm von 6 bis 19 Uhr: Arnold Schönberg
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Tagesprogramm von 6 bis 19 Uhr: Henryk Górecki
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Tagesprogramm von 6 bis 19 Uhr: Ferruccio Busoni
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Im Sommer 2004 gab es während der Internationale Musikfestspiele 2004
von
WDR - MDR - NDR - RBB - SR 3 Sendungen mit Werken von Arnold Schönberg, zum Beispiel 2x in verschiedenen Interpretationen und Besetzungen das vollständige Streichsextett "Verklärte Nacht", op. 4. Im ARD-Nachtkonzert von 00.00 bis 06.00 Uhr gibt es im Schnitt 1x pro Woche ein - ganzes - Werk von Arnold Schönberg, seit Mitte Mai wurde dort 45x etwas von ihm gesendet. Musik von Ferruccio Busoni konnte man immerhin 18x in dieser Zeit hören.
Von Henryk Górecki wurden seit Mitte Mai insgesamt nur 2 (in Worten: zwei) Werke gesendet. Am 26. März 2005 gab es vor 02.00 Uhr die Sinfonie Nr. 3 op. 36 - Klagelieder - mit Stefania Woytowicz, Sopran und dem SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg unter der Leiting von Ernest Bour. Am 19. Dezember, 4. Advent, gab es während der Konzertaufzeichnung vom Usedomer Musikfestival 2004 von 22.00 bis 24.00 Uhr die Motette "Totus tuus" von Henryk Górecki zu hören.
Hier der von NDR Kultur veröffentlichte Text zum gesendeten Programm:
Bertold Hummel: Ave Maria op. 97 e Nr. 2
Andrzej Koszewski: Angelus Domini
Krzysztof Meyer: Te Deum
Bertold Hummel: Herr, wie zahlreich sind deine Werke
Johannes Brahms: Warum ist das Licht gegeben den Mühseligen / O Heiland, reiß
die Himmel auf, Motetten op. 74
Henryk Górecki: Totus tuus
Feliks Nowowiejski: Missa pro pace
Polnischer Rundfunkchor
Andrzej Bialko, Orgel / Ltg.: Wlodzimierz Siedlik
Mitschnitt vom 2. Oktober in der Evangelischen Kirche Wolgast
Polen und Deutschland: Musikalische Begegnungen - so lautete das Motto des diesjährigen Usedomer Musikfestivals. Von Wolgast nach Polen ist der Weg nicht weit. Der Chor des Polnischen Rundfunks war am 2. Oktober in die Wolgaster St. Petri Kirche gekommen, eine dreischiffige Backsteinbasilika aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, eine ehemalige pommersche Herzogskirche. Chormusik a cappella und die "Missa pro pace" für Chor und Orgel von Feliks Nowowiejski standen auf dem Konzertprogramm des 1948 gegründeten Rundfunkchores aus Krakau, geistliche Musik ausschließlich von polnischen und deutschen Komponisten, darunter Johannes Brahms' berühmte Motette "Warum ist das Licht gegeben den Mühseligen" nach Worten aus dem Buch Hiob im Alten Testament.