Kulturwellen im Nord-Süd-Profil

Freitag, 26. Oktober 2007, 15.30 bis 17.30 Uhr

Ausgewählte Sternstunden: 60 Jahre Hochschule für Musik Saar

Künstlerporträts für Kenner und Liebhaber

SR 2 Kulturradio, AprèsMidi - Klassik am Nachmittag

Von Ludolf Baucke

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Der zufällige Blick um 15.25 Uhr auf die Homepage des Saarländischen Rundfunks weckte die Neugier. Die Sendung „AprèsMidi - Klassik am Nachmittag“ war wegen des in der Woche gefeierten sechzigjährigen Bestehens der Hochschule für Musik Saar um eine halbe Stunde verlängert worden. Sie stellte ehemalige Studierende vor, die inzwischen Karriere gemacht haben, im Musikleben also an hervorgehobenen Positionen wirken. Während die Internet-Vorschau neun Namen, darunter die Geigerin Isabelle Faust, annnoncierte, kündigte die Moderatorin Gabi Szarvas zu Beginn ihres Features nur acht Ehemalige an. Auch diese Zahl schrumpfte - bis 17.30 Uhr waren sieben Talente vorgestellt worden. Das erklärte sich aus der unmittelbar vor dem Termin produzierten Sendung. Ganz aktuell wurden einige der porträtierten Hochschulabsolventen noch am Vormittag interviewt. Sie wurden ebenso wie die Zuspielungen weder einem starren Zeitplan geopfert noch ein-, aus- oder überblendet. Es blieb viel Zeit für das nachdenkliche Zuhören.

Porträtiert wurden der Reihe nach
• der Tubist Stefan Ambrosius (zur Zeit engagiert an der Bayerischen Staatsoper),
• die Geigerin Vivica Schmitt (stellvertretende 1. Konzertmeisterin im SWR-Sinfonieorchester Freiburg),
• der Violoncellist Julian Steckel,
• der Tubist Thomas Keller (auf besonderen Wunsch von Daniel Barenboim an die Berliner Staatsoper Unter den Linden engagiert),
• der Violoncellist Gustav Rivinius (nach seinem Studium in Saarbrücken als Professor lehrend),
• der Posaunist Thomas Leyendecker (Berliner Philharmoniker) und
• der Oboist Vilmantas Kaliunas (engagiert von der frisch gegründeten Deutschen Radiophilharmonie Kaiserslautern).

Sie alle wurden in ihrem Werdegang vom Hoffnungsträger zum Interpreten charakterisiert und mit stilistisch abwechslungsreichen Einspielungen vorgestellt. Gesendet wurden Blechbläserbearbeitungen von Händel, Stevie Wonder, Jim Parker und eines irischen Volksliedes. Außerdem gab es Mitschnitte des Violinkonzerts von Glasunow und der Rokoko-Variationen von Tschaikowsky, aber auch Raritäten wie das dreisätzige Konzert für Baßtuba und Orchester von Ralph Vaughan Williams oder das Rondofinale aus Ermano Wolf-Ferraris Idillio-Concertino für Oboe und Streichorchester mit 2 Hörnern. Freunde hochkarätiger Kammermusik wurden mit den ersten beiden Sätzen der zweiten Brahms-Sonate für Violoncello und Klavier op. 99 bedient.

Die lebendig gestaltete Sendung richtete sich an Musikliebhaber aller Art, gleich ob Laien oder Experten. Sie bewies, wie eng der Saarländische Rundfunk mit der regionalen Musikszene verzahnt und wie stetig er ihr verpflichtet ist. Da gibt es nicht nur langjährige Verbindungen zur einzigen Musikhochschule des Saarlandes, sondern auch zu Nachwuchsgruppen wie dem Landes-Jugend-Symphonieorchester. Es faszinierte, dass diesen künstlerischen Ebenen ein Gutteil des Nachmittags eingeräumt wurde.

Die Sendung verzichtete auf Jingle, über kostenpflichtige 0180-Telefonnummern zu ergatternde Freikarten und andere „werbende Elemente“. Die gepflegte Sprache flüchtete zu keinem Moment ins Aufdringliche, Reißerische oder Selbstgefällige.

Fazit: Die ebenso informative wie unterhaltsame Sendung taugte, um Nebenbei- oder Begleithörer in gut gelaunte Zuhörer zu verwandeln.

Postscriptum

In ihren Programmvorschlägen vom 9. April 2006 hat die Initiative Das GANZE Werk angeregt, dass NDR-Kultur wöchentlich jeweils 55 Minuten „Aus Musikhochschulen des NDR-Sendegebietes“ berichtet. Aus Hamburg, Hannover, Lübeck und Rostock könnten Kenner und Liebhaber tagsüber über allerlei künstlerisch Interessantes und Innovatives informiert und auf dem Laufenden gehalten werden - und nicht nur mit einem irgendwo eingestreuten 7-Minuten-Satz.