Das GANZE Werk - Presseschau

die tageszeitung (taz), 29. Mai 2008

Sendesaal von Radio Bremen: Abriss abgewendet

Von Henning Bleyl

Mit einem sechs Millionen Euro schweren Konzept soll der Sendesaal samt Hörfunkgebäude erhalten werden. Bürgermeister Böhrnsen unterstützt die Initiative durch Unterschutzstellung des Großstudios

Der Sendesaal von Radio Bremen steht ab sofort wieder unter Denkmalschutz. Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD), der als Kultursenator auch die Aufgabe einer oberen Denkmalschutzbehörde wahrnimmt, gab gestern grünes Licht für einen entsprechenden Bescheid seitens des Landeskonservators. Damit ist der Abrissantrag für das hochrenommierte „Studio F“ nicht mehr genehmigungsfähig: Morgen hätte das Bauressort über einen Antrag seitens der Investoren Klima und Heise, dem auch Radio Bremen selbst beigetreten war, entscheiden müssen.

Hintergrund ist das Angebot der Hübotter Wohnbau GmbH, den Sendesaal samt 16.000 Quadratmeter Fläche und Hörfunkgebäude für 3,45 Millionen von Radio Bremen zu kaufen - das ist exakt der Preis, der auch im Vertrag von Klima und Heise mit Radio Bremen steht. Der Kauf wurde allerdings noch nicht vollzogen, weil die Investoren ein Rücktrittsrecht unter anderem für den Fall haben, dass der Saal nicht abgerissen werden kann.

Hübotters Absichten sind anders gelagert: Für den Erhalt des Sendesaals will er eine eigene Betriebsgesellschaft gründen, damit dort weiterhin Konzerte und Aufnahmen statt finden können. Für die etwa 6.500 Quadratmeter Hauptnutzfläche, die die übrigen Hörfunkgebäude bieten, ist ebenfalls eine kulturell-gewerbliche Mischnutzung geplant: In die ehemalige Ü-Wagen-Halle soll die Behörde der Landesarchäologin einziehen, zahlreiche weitere Institutionen wie die Hochschule für Künste und die Jugendkulturstiftung „Start“ haben laut Hübotter Interesse bekundet. Auch Arztpraxen und Büros, eventuell sogar eine Wohnnutzung seien denkbar.

Schon im Speicher XI, im „Bamberger“ und in der Villa Ichon vermietet Hübotter zahlreiche Räume - bleiben da noch genügend Interessenten? Angesichts einer zur erwartenden Kaltmiete von fünf bis sechs Euro - die Stadtbibliothek beispielsweise zahlt im ehemaligen Polizeihaus 8,75 Euro an einen Münchener Immobilienfonds - mache er sich diesbezüglich keine Sorgen, sagt Hübotter. Zusammen mit Bauunternehmer Hans-Hermann Kathmann, der auch den Kaufpreis mitfinanziert, will er rund 2,5 Millionen Euro für den Umbau der Hörfunkgebäude investieren.

Für den „Verein der Freunde des Sendesaals“ stellt die gestrige Entscheidung einen „Sieg der wirtschaftlichen und kulturellen Vernunft“ dar, auch Ortsamt und Beirat von Schwachhausen unterstützen die Erhaltungs-Initiative einstimmig. 2004 hatte der Senat den Denkmalschutz für den Sendesaal zunächst aus wirtschaftlichen Gründen abgelehnt, nach dem Ausstieg interessierter Investoren kam er im März 2007 zustande, wurde sieben Monate später jedoch auf Intervention von Klima und Heise wieder aufgehoben. Mit Hübotter und Kathmann stehen nun erstmals konkrete Investoren bereit, die den Erhalt des Saals zur ausdrücklichen Bedingung ihres Engagements machen.

Radio Bremen wollte die neue Entwicklung gestern noch nicht kommentieren. Zusammen mit Klima und Heise könnte der Sender eine einmonatige Widerspruchsfrist gegen den Denkmalbescheid nutzen. Etwaigen Schadensersatzforderungen jedoch hatte bereits 2004 der damalige Senatsbaudirektor Uwe Bodemann einen Riegel vorgeschoben: In einer gemeinsamen Erklärung mit Radio Bremen wurde festgehalten, dass sich die Stadt nicht zur Aufstellung eines Bebauungsplanes verpflichtet. Auch auf eine etwaige Unterschutzstellung des Saals wird dort ausdrücklich verwiesen.