Das GANZE Werk - Presseschau

50. Todestag von Erich Wolfgang Korngold

Gedenktag im Schmalspur-Format

Programmbeobachtungen bei NDR Kultur und ein Artikel in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“

Am 29. November 1957 starb der Komponist, Dirigent und Pianist Erich Wolfgang Korngold. Zu seinem 50. Todestag sendete NDR Kultur - nach den vorliegenden Veröffentlichungen:

1.: Soundtrack „The Sea Hawk“ (1940), Ausschnitt; 24. November, 14.45 Uhr, im Rahmen der acht an jedem Sonnabend Nachmittag gesendeten Filmmusiken
2.: „Glück, das mir verblieb, rück zu mir, mein treues Lieb“, Lied der Marietta im 1. Bild der Oper „Die tote Stadt“ (1920); am Donnerstag, 29. November, 9.33 Uhr
3.: Soundtrack „The Prince and the Pauper“ (1937), daraus: Flirtation Waltz; am Donnerstag, 29. November, 15.16 Uhr und
4.: das Violinkonzert in D-Dur, op. 35 (1947); am 3. Dezember 2007 nach 20 Uhr im Rahmen der Aufzeichnung eines Konzerts vom 28./29. März 2004 in der Laeiszhalle Hamburg mit Hilary Hahn, Violine, und dem NDR Sinfonieorchester unter der Leitung von Jiri Belohlávek.

Außerdem werden am 18. Januar 2008 Ilya Gringolts, Violine, und die NDR Radiophilharmonie mit dem Dirigenten Vasily Petrenko im Großen Sendesaal des NDR in Hannover das Violinkonzert in D-Dur, op. 35 (1947) spielen, NDR Kultur wird es live senden.

Mit diesen Angaben ist hinreichend dokumentiert, wie zerstückelt - bezogen auf den Todestag am 29. November - das musikalische Gedenken von NDR Kultur ausfiel.

Kompositorische Würdigung:
„Wunderkind - Opernkomponist - Filmkomponist“ (NDR Kultur)

Zum Gedenken an Erich Wolfgang Korngold hat NDR Kultur im Oktober 2007 folgenden Text für das am 3. Dezember gesendete Konzert veröffentlicht:

Wunderkind - Opernkomponist - Filmkomponist, eine solche Karriere gehört auch in dem an künstlerischen und kulturellen, historischen und sozialen Erscheinungen heterogenen, schnelllebigen 20. Jahrhundert nicht zum Alltag. Erich Wolfgang Korngolds sensationeller Einstieg als 13-Jähriger in die Musikszene Wiens mit der Pantomime „Der Schneemann“ begründete seinen Ruf vom Wunderkind. Seine beiden ersten Opern fanden nach der von Bruno Walter geleiteten Münchner Uraufführung 1916 Aufnahme an anderen deutschsprachigen Bühnen, „Die tote Stadt“ avancierte zu einem der meistgespielten Bühnenwerke der zwanziger Jahre und führte den 23-Jährigen zum Höhepunkt seiner Opernerfolge.
Max Reinhardt regte Korngold zur Arbeit für den Film an und holte den Freund nach Hollywood, die Entscheidung der in Europa gefährdeten jüdischen Familie Korngold zur Emigration somit flankierend. Mit den in den folgenden Jahren entstandenen zahlreichen Filmmusiken schuf Erich Wolfgang Korngold jene Klangwelt, die bis heute als typisch gilt für die damalige Hollywood-Ära. Er selbst bezeichnete später seine Filmmusiken gern „als Opern ohne Worte“.

Diese Würdigung übergeht die dritte Schaffensperiode Korngolds, sein Wirken in Europa nach seiner Rückkehr aus den USA (siehe dazu auch den Artikel in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“). In dieser Zeit wurde aber gerade das Werk des Abends, das Violinkonzert, uraufgeführt. Und aus diesem NDR-Kultur-Text hat die Moderatorin am 29. November 2007 um 16.15 Uhr vorgelesen - weitgehend wortwörtlich, soweit uns ein Hörer in Hamburg berichtet. Nur an der Stelle, an der die Satzkonstruktion kompliziert wird („die Entscheidung ... zur Emigration somit flankierend“), vernahm der Hörer einen verkürzten Wortlaut:

(...) Seine beiden ersten Opern fanden nach der von Bruno Walter geleiteten Münchner Uraufführung 1916 Aufnahme an anderen deutschsprachigen Bühnen, „Die tote Stadt“ avancierte zu einem der meistgespielten Bühnenwerke der zwanziger Jahre und führte den 23-Jährigen zum Höhepunkt seiner Opernerfolge. Max Reinhardt regte Korngold zur Arbeit für den Film an und holte den Freund nach Hollywood. Mit den in den folgenden Jahren entstandenen zahlreichen Filmmusiken schuf Erich Wolfgang Korngold jene Klangwelt, die bis heute als typisch gilt für die damalige Hollywood-Ära. (...)

Von der Tatsache, dass Korngold als Jude nicht in Deutschland bleiben konnte, erfuhr man nichts. Übrig blieb der Eindruck, dass Korngold in den USA blieb, und zwar wegen einer Vorliebe für die Filmmusik - genau so, wie es auch schon zu Beginn der Würdigung heißt: „Wunderkind - Opernkomponist - Filmkomponist“.

Eine andere Sendung mit einem Satz von Korngold, wahrscheinlich ist es der Ausschnitt aus dem Soundtrack „The Sea Hawk“ (1940) am 24. November gewesen, veranlasste R.W. zu dem „Initial“ in der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“, das wir zum Abschluss zitieren möchten.

Theodor Clostermann, 19. Dezember 2007

Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, 29. November 2007

Initial

Mehr als nur ein Filmkomponist: E. W. Korngold

Artikel in Originalansicht (Pdf)

Wie es um den Nachruhm des Komponisten Erich Wolfgang Korngold bestellt ist, der heute vor 50 Jahren starb, ließ sich vor ein paar Tagen im Radio nachhören. Da erzählte eine NDR-Kultur-Moderatorin ihren Zuhörern, Korngold sei in Hollywood zum Star geworden, doch seine spätere Hinwendung zu autonomer Musik sei verständnislos aufgenommen worden.

Das ist eine bizarre Mischung aus Halb- und Unwissen. Gewiss erschrieb sich Korngold zwei Oscars für seine Filmmusiken. Doch lange, ehe er in die USA ging und dann - als verfolgter Jude - auch dort bleiben musste, war er ein Wunderkind der E-Musik: Als er 13 Jahre alt war, wurde seine Pantomime „Der Schneemann“ immerhin an der Wiener Staatsoper uraufgeführt, zehn Jahre später eroberte seine Oper „Die tote Stadt“ die Bühnen der Welt.

Als er nach Hollywood ging, ließ er sich vertraglich zusichern, nach Belieben frühere Kompositionen für seine Film-„Opern ohne Gesang“ verwenden zu dürfen. Und er entlehnte später umgekehrt für seine autonome Musik Themen aus den Filmpartituren. Der böse Spruch „Vom Genie zum Talent“ stimmte schon deshalb nie, weil Korngold immer wie Korngold klang, egal, was und für welchen Anlass er komponierte. Nur wollte kaum einer mehr hören, was Korngold zu sagen hatte, als er 1945 nach Europa zurückkehrte. Man kolportierte lieber den Kalauer eines Kritikers, Korngolds Musik sei „mehr Korn als Gold“. Aber im rechten Licht leuchten beide.   R.W.