Das GANZE Werk - Presseschau

verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), 24. März 2006, Pressemitteilung

Kampagne gegen die Pläne der EU-Kommission zur Freigabe von Product Placement

verbraucherzentrale Bundesverband präsentiert TV von morgen,
z.B. Kochshow „mit freundlicher Unterstützung der Zuckerindustrie“

Zuschauer sollen Werbung nicht mehr entgehen können

24.03.2006 - Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat eine Kampagne gegen die Pläne der EU-Kommission zur Freigabe von Product Placement im Fernsehen gestartet. Um die praktischen Folgen für die Zuschauer zu illustrieren, veröffentlichte der vzbv ein Fernsehprogramm von morgen: Dort sind beispielsweise von der Zuckerindustrie geförderte Kochshows zu finden oder ein Krimi über Anschläge tschetschenischer Terroristen „mit freundlicher Unterstützung“ russischer Energiekonzerne.

Das Fernsehprogramm von morgen soll nach den Plänen der EU-Kommission schon bald Wirklichkeit werden. So will EU-Fernsehkommissarin Viviane Reding Product Placement im europäischen Fernsehen künftig freigeben. Die bisher strikte Trennung zwischen Werbung und redaktionellen Beiträgen würde damit aufgehoben. Schon jetzt dürfen Unternehmen einzelne Sendungen finanziell „fördern“. Nach den Kommissionsplänen wären dann zusätzlich die Produkte des Unternehmens im Programm selbst zu sehen - der Trend, dass immer mehr Zuschauer Fernsehwerbung umgehen, wäre damit umgangen.

Neben Product Placement würde zukünftig möglicherweise auch das sogenannte Themenplacement Einzug ins Fernsehen halten. In Vorabendserien würden die Schauspieler sich dann beispielsweise zwanglos darüber austauschen, dass die Lockerung des Kündigungsschutzes vielleicht doch gar nicht so schlecht sei - der Dialog wäre finanziert von der „Neuen Marktinitiative für soziale Wirtschaft“.

Nach den Vorstellungen von EU-Kommissarin Reding sollen die Zuschauer auf derartig versteckte Botschaften lediglich im Vorspann hingewiesen werden - für vzbv-Chefin Edda Müller im Zeitalters des Zappings ein wirklichkeitsfremder Vorschlag. Auch andere Einschränkungen wie beispielsweise das Verbot von Product Placement in Nachrichtensendungen und Dokumentarfilmen hält der vzbv für realitätsfern: „Modernes Fernsehen setzt gerade auf eine Verschmelzung der Formate, auf die Verbindung von Nachrichten und Unterhaltung“, so vzbv-Chefin Edda Müller. „Die von Frau Reding propagierten Ausnahmen von Product Placement und Themenplacement sind also eine Irreführung der Öffentlichkeit.“

Ebenso wie Journalistenverbände, Zeitungsverleger und die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender in Deutschland sieht der vzbv in dem Vorhaben der EU-Kommission eine Gefahr für die journalistische Unabhängigkeit und die Glaubwürdigkeit der Medien.

Im Dokumentendownload (rechts oben auf der Seite) finden Sie
eine Stellungnahme des vzbv zum Product Placement (in Englisch, 16 Seiten, 95 KB)
den Flyer zur Kampagne „Product Placement“ - Fernsehprogramm von morgen (Achtung: 4 MB)
Weitere Informationen finden Sie in Zukunft unter www.vzbv.de/productplacement

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dort vor allem: Artikel 3 h „Audiovisuelle Mediendienste oder Produktplatzierungen“, Seite 27 - 29