Das GANZE Werk - Presseschau

br-online, Rundfunkrat, 28. Juli 2005

Beschluss des Rundfunkrats des Bayerischen Rundfunks

Gemeinsam gegen Schleichwerbung

Der Gebührenzahler hat gegenüber den Rundfunkanstalten einen Anspruch auf objektive und unbeeinflusste Information

Der Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks spricht sich auf das Schärfste gegen jegliche Form von Schleichwerbung aus. In einer Plenarsitzung in Nürnberg hat das Gremium zugleich den gesamten Mediensektor aufgefordert, gemeinsam gegen diese illegale Praxis vorzugehen.

Der Rundfunkrat wendet sich zudem gegen Bestrebungen privater Rundfunkanbieter, die EU-Kommission im Zuge der Fortschreibung der Fernsehrichtlinie zu Lockerungen des Verbots von Product Placement zu bewegen. Auch wenn das Verbot nur zugunsten der privaten Sender gelockert würde, würde dies zu einer weiteren Verwilderung der Sitten im Produktionsbereich führen.

Anspruch auf unbeeinflusste Information

Das Gebot der strikten Trennung von Werbung und Programm ist vor allem für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine wesentliche Legitimationsgrundlage. Der Rundfunkrat betont, dass die Herstellung eines von Werbeinteressen unabhängigen Programms zu den selbstverständlichen Verpflichtungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegenüber dem Zuschauer gehört und Voraussetzung zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Programmauftrages ist. Der Gebührenzahler habe gegenüber den Rundfunkanstalten einen Anspruch auf objektive und unbeeinflusste Information. Gerade der öffentlich-rechtliche Rundfunk dürfe daher auch künftig keine Vermischung von Programm und Werbung zulassen. Die Programmverantwortlichen seien verpflichtet, dies durch geeignete Maßnahmen sicher zu stellen. Der Rundfunkrat will sich hierzu weiter berichten lassen und sich in einer Klausurtagung zusammen mit dem Verwaltungsrat ausführlich mit der Thematik befassen.

Beobachtungsstelle für das Werberahmenprogramm

Der Rundfunkrat begrüßt ausdrücklich den von der Gesellschafterversammlung und dem Aufsichtsrat der Bavaria erarbeiteten Maßnahmekatalog zur künftigen Verhinderung von Schleichwerbung. Die Schaffung einer speziellen Beobachtungsstelle für das Werberahmenprogramm, die Verschärfung der entsprechenden Klauseln in den Produktions- und Arbeitsverträgen bis hin zu Sanktionen gegen alle an den Verstößen Beteiligten wie Auftragsentzug und Kündigung und die Einführung spezieller Berichtspflichten bei Kooperationen mit Dritten seien über den konkreten Anlass hinausgreifende Vorkehrungen für das gesamte öffentlich-rechtliche Programm. In Anbetracht der schwierigen Erkennbarkeit von Schleichwerbung seien aber auch klare Regelungen für den Bereich der Kooperationen und des Sponsorings unerlässlich. Darüber hinaus müsse bei allen Beteiligungsunternehmen der Anstalten durchgängig sichergestellt werden, dass die tatsächliche Praxis bei den Töchtern in Übereinstimmung mit dem Programmauftrag steht.

Grundsatzdebatte nötig

Der Rundfunkrat geht davon aus, dass der ARD-Vorsitzende und BR-Intendant Dr. Thomas Gruber die Aufklärung der Vorgänge bei der Bavaria konsequent vorantreibt und erklärte seine ausdrückliche Unterstützung bei allen hierzu notwendigen Maßnahmen. Zugleich fordert er die öffentlich-rechtlichen Sender auf, sich baldmöglichst generell mit der derzeitigen Praxis von Werbung und Sponsoring zu befassen. Hier sei völlige Transparenz angesagt. Die alarmierenden Erkenntnisse aus dem Schleichwerbeskandal müssten letztlich zu einer systemübergreifenden Grundsatzdebatte über das Verhältnis von Information und Werbung in den Medien genutzt werden, zumal angesichts neuer Technologien die klassische Werbeform der Inselwerbung in den Hintergrund treten werde. Insbesondere seien geeignete Leitlinien und Riskmanagementsysteme für den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu entwickeln.

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