Das GANZE Werk - Presseschau

verbraucherzentrale Bundesverband, 20. Juli 2005

„Welche Werbeagentur wird sich noch mit Werbespots oder Anzeigen begnügen, wenn die Werbung direkt im Programm untergebracht werden kann?“

EU will Schleichwerbung erlauben

Trennung von Inhalt und Werbung soll durch neue Fernsehrichtlinie gekippt werden - vzbv: „Redaktionen werden käuflich“

Die EU-Kommission will Schleichwerbung im Fernsehen künftig erlauben. In einem jetzt veröffentlichten Dokument macht EU-Kommissarin Viviane Reding keinen Hehl mehr aus ihrer Absicht, die bisherigen Werbebeschränkungen der EU-Fernsehrichtlinie aufzuweichen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband übte scharfe Kritik: „Wer Schleichwerbung zulässt, macht unabhängige Journalisten käuflich“, sagte vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller.

Auch bei einer teilweisen Lockerung des bisherigen generellen Verbots der Schleichwerbung befürchtet der vzbv einen Dammbruch für die Presse- und Informationsfreiheit. „Die Zuschauer müssen sich auch künftig darauf verlassen können, dass über Dinge berichtet wird, die gesellschaftlich oder politisch relevant sind, und nicht weil dafür bezahlt wurde,“ so vzbv-Chefin Edda Müller.

Während der Schleichwerbeskandal in der ARD die deutsche Medienpolitik in Atem hält, wird in Brüssel offen über eine Legalisierung der Schleichwerbung nachgedacht. Als Argumente werden die Erschließung neuer Finanzierungsquellen für die Sender, die liberaleren Regeln in den USA und die allgemeine Entwicklung des Werbemarktes angeführt.

„Eine Aufhebung des Schleichwerbeverbots wäre das Ende der redaktionellen Freiheit von Drehbuchautoren und Journalisten,“ sagte vzbv-Chefin Edda Müller. „Die jüngsten Skandale zeigen, dass das Verbot besser durchgesetzt werden muss, anstatt es abzuschaffen.“ In Zukunft sei zu befürchten, dass Sendungen immer stärker nach den Vorgaben der Werbeindustrie gestaltet würden. Der Druck der Werbeindustrie werde zunehmen und dabei auch auf Zeitungen und andere Medien übergreifen.

„Welche Werbeagentur wird sich noch mit Werbespots oder Anzeigen begnügen, wenn die Werbung direkt im Programm untergebracht werden kann?“, so die vzbv-Chefin. Zwar will die EU-Kommission die Einflussnahme der Werbeträger auf den Programminhalt verbieten. Dieses Verbot wäre aber in der Praxis kaum durchsetzbar, so befürchtet der vzbv.

Der vzbv rief die Parteien auf, sich zu den Brüsseler Plänen im Wahlkampf zu positionieren. Die Bundesregierung sei aufgerufen, den Plänen der EU-Kommission zur Abschaffung der wichtigsten Regeln für die Fernsehwerbung eine klare Absage zu erteilen.