Das GANZE Werk - Presseschau

telepolis, 15. Juni 2005

"In der Sehnsucht nach tollen Quoten" nicht vergessen,
"was Minderheiten auch noch interessiert" (Angela Merkel)

"Vielleicht sollten wir uns neu orientieren"

Union tastet sich an die Medien heran: Die "CDU MediaNight"

Von Rüdiger Suchsland

Heiner Lauterbach mit seiner Frau
Viktoria, ProSiebenSat.1-Chef Guillaume
de Posch und die CDU-Vorsitzende
Angela Merkel.                      Bild: CDU

Wenn es im Herbst eine neue Regierung unter Führung der CDU/CSU geben sollte, dürfte sich auch für die Medien, einen der letzten Wachstumszweige in Deutschland, einiges ändern. Aber was genau? Wie sieht die Medienpolitik aus, die eine Bundeskanzlerin Angela Merkel betreiben würde? Was will die CDU für den deutschen Film tun, wird sich die Fernsehlandschaft verändern, wie gestaltet sich überhaupt das Verhältnis zwischen wirtschaftlichen und kulturellen Zielen?

Die erste Gelegenheit, ein medienpolitisches Zeichen zu setzen, hat Angela Merkel am Dienstag verpasst. Die "CDU MediaNight", die wichtigste jährliche Medienveranstaltung der Union, war noch nie so begehrt wie in diesem Jahr. Kein Wunder, denn man weiß ja nie: "Vielleicht sollten wir uns neu orientieren..." war der schönste der vielen hübschen Gesprächsfetzen auf dieser ersten vorgezogenen Wahlparty der Union.

Die Kanzlerkandidatin freilich blieb bei ihrer "MediaNight"-Rede, ihrer ersten medienpolitischen Äußerung seit Ankündigung der vorgezogenen Bundestagswahl, äußert vage. "Wir bekennen uns zum deutschen Rundfunksystem" - das war fast schon die substantiellste Äußerung, die sich Merkel entlockte, verbunden mit leisem Spott über die soeben bekannt gewordene Klage der ARD-Anstalten gegen das Verfahren zur Festlegung der Rundfunkgebühr: "Wenn man nicht weiter weiß, dann geht man vor Gericht und guckt, was rauskommt." Sie hoffe nur, dass die öffentlich-rechtlichen Sender "in der Sehnsucht nach tollen Quoten" nicht alles vergessen, "was Minderheiten auch noch interessiert".

Auch andere Bemerkungen in der Rede Merkels taugten eher fürs Poesiealbum als für die politische Praxis. Im hellrosa Jäckchen erschien Merkel im randvollen Foyer der Berliner CDU-Zentrale, verhaltener Beifall, knappes Begrüßungsgeratter von Generalsekretär Kauder, dann hebt Merkel an und spricht über das, "was ein Volk zusammenhält, nämlich Kultur, was Spaß und Freude macht". Gesteht, dass Popmusik zu den Bereichen ihres Lebens gehöre, "wo ich nicht mal die richtigen Fragen stellen kann".

Dann doch eine Frage: Ob Deutschland eigentlich risikofreudig genug ist, "auch mal einen Flop zu wagen", sich "ein Stück weit ins Ungewisse" zu trauen, "mit langem Atem" zu produzieren. Sympathisierendes Stirnrunzeln unter den Gästen aus der Medienbranche. Schließlich: Deutschland habe keinen Grund, "sich wegdrücken zu lassen, vor China und Japan und Indien in die Knie zu gehen": "Wir haben Ansprüche zu stellen." Am Ende dann noch der unvermeidliche Satz von den "politischen Rahmenbedingungen", die man ändern müsse. Stimmt, ja. Fast hätten wir's vergessen. Aber welche? Und wie? Beifall, "Das Buffet ist eröffnet", sagt Kauder. (...)