Das GANZE Werk - Presseschau

WELT am SONNTAG, 10. April 2005

Zum ARD-Vorsitzenden Thomas Gruber:
"Die Klangkörper gehören zur Kür"

Stumm-Funk

Vorschlag, wie ARD-Funktionäre lernen können,
daß die Pflicht nicht ohne Kür zu haben ist...

Kommentar von Axel Brüggemann

Der ARD-Vorsitzende Thomas Gruber hat ja recht, wenn er sagt, daß die Pflicht einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt in der "Veranstaltung und Verbreitung" von Programmen liegt. Worin auch sonst? Aber wie, bitte schön, geht das zusammen mit der Auffassung, daß die Unterhaltung von Orchestern angeblich zur öffentlich-rechtlichen Kür gehört? Wie stellt sich Herr Gruber eigentlich das von ihm "veranstaltete und verbreitete" Programm vor? Was will er senden, wenn er nichts aufnimmt? Soll sein Rundfunk zum Stummfunk werden? Zugegeben, es würde die Finanzsituation der Anstalten entlasten, wenn die ARD 24 Stunden Signalzeichen überträgt. Oder besser noch: Dauerwerbesendungen.

Die Orchester der Rundfunkanstalten sind eine der wichtigsten Grundlagen der Kulturnation Deutschland. Der Südwestrundfunk war und ist Zentrum der Neuen Musik, der Klangkörper des WDR ist mit Simeon Bychkow eines der spannendsten Ensembles, Kent Nagano hat mit dem DSO das Neutönen nach Berlin gebracht, und das Münchener Rundfunkorchester belebt die musikalische Hörer-Basis jenseits der Schickimicki-Klassik. Die Aufnahmen der Radioorchester sind die Eckpfeiler des Radioprogramms - sie machen den Unterschied zum Dudelfunk der Privaten.

Man sollte Peter Gruber ein Jahr lang historische Meilensteine aus seinem Haus vorspielen: Aufnahmen von Boulez, Smola und Gielen. Danach gehört er in schalldichte Isolationshaft, in einen Raum absoluter Stille. Nur so können ARD-Funktionäre lernen, daß die Pflicht nicht ohne Kür zu haben ist.

Lesen Sie zur Stellungnahme Grubers:

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Handelsblatt, 7. April 2005

Lesen Sie einen weiteren Kommentar von Axel Brüggemann:

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