Das GANZE Werk - Presseschau

Kieler Nachrichten, 30. August 2004

Zum Abschluss des SHMF

Fast alles Sonnenschein

Von Christian Strehk

So rund lief es vielleicht noch nie beim Schleswig-Holstein Musik Festival. Mit den kerngesunden Zuschauer-Zahlen, der Sponsoren-Treue und einer Landesregierung im Rücken, die notwendige Kürzungen zumindest planungssicher mittelfristig ankündigt, kann man im heißen Konkurrenzkampf der vielen anderen Festivals erhobenen Hauptes bestehen. Spektakulär konnte und wollte der eher gemütliche Tschechien-Schwerpunkt nicht sein. Aber ohne Zögern gibt man dem Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Recht, wenn es von einem „perfekt organisierten und an Höhepunkten reichen“ Festivalsommer schwärmt.

Spektakulärer wird bestimmt der folgende, dann schon zwanzigste SHMF-Jahrgang, wenn Japan als Schwerpunktland fernöstliche Exotismen unter die gewohnt eurozentristischen Musikfarben mischt. Die sündteuren Künstler von dort, die Transportprobleme und ein womöglich eher fremdelndes Publikum bedeuten Risiken, die schwer einzuschätzen sind. Aber Rolf Becks gewitzte Lübecker Truppe hat schon Sicherheitsnetze gespannt. Der Japan-Schwerpunkt wird nicht ganz so raumgreifend werden. Und bedeutende japanische Künstler lässt man dann vor allem europäische Musik spielen, wobei Namen von Stars wie der Pianistin Mitsuko Uchida oder des Dirigenten Seiji Ozawa derzeit noch reine Spekulation sind. Im Sommer 2006 kehrt man dann demonstrativ in vertrauteres Flachland zurück: in die Niederlande, wo auch eine hervorragende Musikszene lockt.

Alles eitel Sonnenschein? Nicht ganz. Nach wie vor schwelt ein von Hamburger Zeitungen hochgespielter Konflikt um die Rolle des Medienpartners NDR im großen Festival-Poker. SHMF-Intendant Rolf Beck, der ja in Personalunion auch Leiter der NDR-Klangkörper ist, hat das, so hört man, schon lange vor seiner Zeit vertraglich zugesicherte Engagement der norddeutschen Rundfunkanstalt ausgereizt. Schon im vergangenen Sommer teilte NDR-Intendant Jobst Plog, gebeutelt von den Diskussionen um die sinnvolle Verwendung von öffentlich-rechtlichen Gebühren ohne Not gegenüber den Kieler Nachrichten mit: Der NDR habe das Engagement für das SHMF in dieser Größenordnung keineswegs nötig. Ja, ist denn diese Medienpartnerschaft nicht auch ein sinnvolles Geben und Nehmen im Sinne des festgeschriebenen Kulturauftrags? Doch! Die Marke NDR, seine ebenfalls gebührenfinanzierten Klangkörper und sein (tagsüber zum belanglosen Schnipselfunk kaputtreformierter) Sender „NDR Kultur“ profitieren von den Konzertübertragungen - so wie gestern Abend in der Ostseehalle.