kulturradiorbb, Klassikbörse - Moderation

Ach, Mozart!

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Von Hansjoachim Hölzel

Wolfgang Amadeus scheint beim Kulturradio des rbb das zu sein, was für Edmund Stoiber der Problembär war. Nicht, dass man ihn zum Abschuss freigegeben hätte, nein, aber wozu verbiegt man sich nicht alles, wenn man den Götterliebling auch zum Liebling des Hörers machen will!

Allgemeinplätze zu Mozarts Konzert für Flöte, Harfe und Orchester

„Kulturradio am Vormittag“ scheint der ideale Tummelplatz für Allgemeinplätze und Deutungsfantasien zu sein. Insbesondere die „Klassikbörse“ bietet Hörerlebnisse der Extraklasse. Eine Moderatorin wirbt für Mozarts Konzert für Flöte, Harfe und Orchester, KV 299:

„Ein liebliches, süffiges Werk, leicht und geschickt instrumentiert.“

Tja, da muss man erst mal drauf kommen! „Lieblich“, nun das fiel Mozart wahrlich nicht schwer, das konnte er, war er doch überhaupt und ganz besonders ein liebliches Kerlchen (man denke da aber nicht an die „Bäsle“-Briefe). „Süffig“, das zu erklären wäre eine Aufgabe für einen gestandenen, musisch begabten Sommelier. Der würde uns einiges über Bukett, etwaige Säure und Gerbstoffe sagen und dann über die Qualität des Abgangs (sicher im dritten Satz) philosophieren. „Leicht“? Folgt man den nicht auszurottenden Klischees, war Mozart eigentlich immer „leicht“, dazu lustig und graziös, so wird es auch hier sein. Schließlich: Wäre es nicht eine solch hanebüchene Anmaßung, Mozart ein „Geschick“ bei der Instrumentation seiner Werke zuzugestehen, man müsste weinen über ein derart dämliches Gefasele.

Eine „Tragische“ von Mozart?

Eine Woche später wird in der Klassikbörse Mozarts große g-moll-Sinfonie, KV 551, zur Wahl gestellt und sie wird als Mozarts „Tragische“ bezeichnet. Schuberts Vierte ist ein fester Begriff, auch Mahlers Sechste wird nicht selten so genannt. Aber Mozart? Von neuen, musikwissenschaftlichen Erkenntnissen ist diesbezüglich nichts bekannt. Vielleicht nur weil sie in moll steht? Wären dann nicht alle in moll-Tonarten komponierten Sinfonien (meist sind es ja nur die ersten Sätze) irgendwie „tragisch“? Nein, es ist wieder mal nur grober Unfug oder selbstherrliche, anmaßende „Lockerheit“ eines Ansagers: Hört mal, wie fetzig ich den Mozart an den Mann bringen kann!

Obwohl die Redaktion telefonisch auf den Quatsch aufmerksam gemacht wurde, wiederholt sich das Geschehen am nächsten Tag, als Mozart noch einmal zur Wahl steht!

Ein „lieblicher“ kulturradiorbb-Liebling...?

Das oben genannte Konzert für Flöte, Harfe und Orchester ist übrigens der absolute running-gag der Musikredakteure des Kulturradios des rbb. Es müssen Prämien ausgesetzt sein für die, die das Werk am meisten ins Programm bringen. Die Wichtigkeit zeigt sich darin, dass es bisher, soweit ich es bisher gehört habe, noch nie geschreddert wurde. Das bringt niemand übers Herz, ist es doch so leicht und lieblich, sehr süffig und vor allem nicht ungeschickt instrumentiert!

veröffentlicht am 22. September 2008