Das Ganze Werk - E-Mail eines NDR-Hörers aus Celle

Korrespondenz mit dem Ressortleiter WDR 3 Aktuelle Kultur

Dieser Mix zwischen Wort und Musik wird immer unerträglicher

Informationen bitte zusammengefasst in entsprechenden Sendungen, aber nicht eingestreut in klassischen Musiksendungen

Celle, 15.12.2005

Betr.: Rundfunk WDR III 6.00 - 9:00 Uhr

Sehr geehrter Herr Plasberg,

Sie sind zwar nicht mein richtiger Ansprechpartner, aber da ich innerhalb des WDR nur Ihre e-mail-Anschrift habe, geht diese Notiz an Sie und ich bin Ihnen sehr dankbar, wenn Sie sie an die Redaktion Rundfunk WDR III geben würden. Vielen Dank im Voraus.

Ich habe mehr und mehr Kritik an der Sendung WDR III von 6:00 bis 9:00 Uhr zu üben. Heute war es wieder besonders schlimm. Soll das eine Musik- oder Wortsendung sein? Sie ist nichts von beiden. Zwischen klassischer Musik wird politische Belehrung eingestreut und wenn einem die Sprache weg bleibt, dann werden der Komponist / die Interpreten 3-4-mal angesagt für ein Musikstück, das kaum länger ist als 3 Minuten.

Vor mehr als einem Jahr habe ich mich mehr und mehr von NDR Kultur abgewandt und bin zu WDR III gewechselt. Grund hierfür war das viele „Geschwätz“, durch das die Musiksendungen pausenlos unterbrochen werden. Diese Wortbeiträge sind sicherlich wertvoll und hier und da von Interesse, aber man kann nicht mehr wählen zwischen Musik- und Wortbeiträgen. Was ist die Folge? Man trennt sich total vom Rundfunk und steigt auf Tonträger um. Warum ist es nicht möglich, Wortbeiträge in einem geschlossenen Sendeblock unterzubringen, wie z. B. bei WDR III von 7:00 bis 7:15 Uhr? Dann weiß man genau, was man zu erwarten hat, kann sich das anhören oder für diese 15 Minuten auf einen anderen Sender ausweichen. (...)

Wenn ich mich entsprechend informieren möchte, was der Rundfunk oft und sehr gut tut, dann jedoch bitte zusammengefasst in entsprechenden Sendungen, aber nicht eingestreut in klassischen Musiksendungen. Ich habe großes Verständnis für die Forderung der ARD-Intendanten nach höheren Gebühren, aber viele Produktionen immer flacher werden, um mit den Privaten mithalten zu können, dann kommen mir doch erhebliche Zweifel. Es ist mein Wunsch, dass sich die Öffentlichen deutlich abheben von den Privaten, ganz besonders was die Qualität betrifft. Und hier haben die Öffentlichen in den letzten Monaten / Jahren erheblich nachgelassen.

Mein Bitte, nicht nur an den WDR: Wenn Musik im Programm steht, dann möchte ich gern Musik hören. Stehen Wortbeiträge an, dann bitte in entsprechenden Sendungen, auf die man sich gezielt einstellen kann, um umfassend informiert zu werden, ganz egal auf welchem Gebiet. Aber dieser Mix zwischen Wort und Musik wird immer unerträglicher und wenn die Gebühren keine Zwangsabgabe wären, hätte ich vermutlich den Rundfunkempfang schon gekündigt. Es ist bedauerlich, dass ich Ihnen eine so harte Kritik noch vor Weihnachten schicken muss, aber ein Teil der Wortbeiträge heute zwischen 6:00 und 9:00 Uhr brachten das Fass zum überlaufen.

Mit freundlichen Grüßen
Horst von Rohr, Celle

Köln, 16. Dez. 2005

Sehr geehrter Herr von Rohr,

vielen Dank für Ihre ausführliche, wenn auch sehr kritische Mail, die uns die Kollegen von „Hart aber fair“ weitergeleitet haben.

Sie kritisieren generell die Form der Magazinsendungen, in denen Wortbeiträge und Musik gemischt werden. Aber genau diese Form ist es, die in allen Hörfunksendern seit mehr als dreißig Jahren am erfolgreichsten und beliebtesten ist. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir mit einzelnen Kästchen von geballter Information, die von großen Musikflächen umrahmt werden, wie wir das früher häufig hatten, Hörer in großer Zahl verloren haben. Die meisten unsere Hörer, und das sind keineswegs nur die jüngeren, schätzen die Mischung aus Wort und Musik sehr, das bestätigen uns viele Zuschriften und Anrufe. Hin und wieder erreichen uns auch kritische Äußerungen dazu, aber das ist vergleichsweise sehr, sehr selten.

Es ist eine Binsenweisheit, aber man kann es eben nicht allen recht machen. Ich denke aber, dass unsere Sendungen mit Wortbeiträgen nicht überfrachtet sind. Zwischen 6 und 7 Uhr gibt es außer einem kurzen Gedicht praktisch gar keine Beiträge, nach den „Themen des Tages“ und vor der Morgenandacht senden wir außer ein oder zwei aktuellen Meldungen aus der Kultur auch keine Wortbeiträge und erst nach 8 Uhr melden wir uns mit Informationen und Rezensionen, die viele an Kulturthemen interessierte Hörer an dieser Stelle auch erwarten. Wo Sie in den bei uns an diesem Tag gesendeten Film- und Theaterrezensionen „politische Belehrung“ gefunden haben, entzieht sich leider meiner Kenntnis. Oder stört es Sie, dass wir Bücher vorstellen, die Kindern und Jugendlichen Hintergrundwissen zum Nationalsozialismus vermitteln? Sie argumentieren leider sehr pauschal, was es uns erschwert, uns mit Ihrer Kritik, die sicherlich im einen oder anderen Fall auch berechtigt sein mag, auseinanderzusetzen.

Gerade weil Sie auf die Rundfunkgebühren anspielen: würden wir morgens nur CDs abspielen, die Sie sich auch zu Hause selbst auflegen können, müssten Sie zu Recht fragen, ob dafür Rundfunkgebühren angemessen sind. Ich bin sicher, die öffentlich-rechtlichen Sender werden vor allem wegen ihrer schnellen und vertiefenden Informationen geschätzt.

Damit werde ich Sie zwar nicht zufrieden stellen, aber ich bitte Sie um Verständnis, dass wir eine Konzeption, die sich als sehr erfolgreich für ein Kulturradio erwiesen hat, nicht ändern können, nur weil es sehr vereinzelt Kritik daran gibt.

Mit freundlichen Grüßen und den besten Wünschen für ein besinnliches Weihnachtsfest!

Rüdiger Becker
Ressortleiter WDR 3 Aktuelle Kultur

Celle, 19. Dez. 2005

Herrn Rüdiger Becker
WDR III Köln

Sehr geehrter Herr Becker,

für Ihre umgehende Antwort auf meine e-mail möchte ich Ihnen sehr herzlich danken und bitte um Verständnis, dass ich mit Ihrer Antwort nicht ganz zufrieden bin.

Mir geht es um zu viele und zu lange Wortbeiträge in Musiksendungen, die aus den verschiedensten Sätzen zusammengesetzt und oft nicht länger als 2-3 Minuten sind. Ich komme hier zurück auf die Zeitspanne von 6.30 bis 7.00 Uhr. Sendezeit 27-28 Minuten, davon 5-7 Minuten Wortbeiträge. Wenn ein Musikstück nur 3-4 Minuten umfasst, ist es dann erforderlich, dass in der An- und Abmoderation Komponist, Orchester und Dirigent 2-mal gesagt werden? - Heute, Montag, 19. Dezember, wurde um 7.40 Uhr ein längerer Wortbeitrag zu der finanziellen Misere der Kinos eingeblendet. Gehört das dahin? Nach meiner Ansicht ist das eine Wortsendung, die hier nicht hingehört und besser in den Rahmen einer Sendung zu Kunst und Kultur passt.

Denselben „Ärger“, den ich nunmehr auch mehr und mehr mit WDR III habe, hat bei N III schon zu einer Bürgerinitiative geführt unter dem Titel „DAS GANZE WERK“. Klassische Musik wird nur noch in Fetzen gesendet, dazwischen zu viele Wortbeiträge, die oftmals nicht dazu passen (siehe oben) und dann noch eingerahmt in 3-4-malige Eigenwerbung, die vermutlich davon ausgeht, dass man in Hamburg glaubt, es mit geistig minderbemittelten Hörern zu tun zu haben, denen man mehrmals pro Stunde erklären muss, dass sie NDR III (NDR Kultur, die Redaktion) eingeschaltet haben. (...)

Mit freundlichen Grüßen
Horst von Rohr, Celle