NDR Kultur - Korrespondenz

zu:
Ein Radioprogramm ist kein Konzertsaal
Generelle Trendwende in der Hörfunknutzung

Von Gernot Romann, NDR Programmdirektor Hörfunk

Es wäre fair, wenn NDR Kultur mit seinen Clubmitgliedern
im Magazin in einen Dialog träte,
statt es als Propagandablatt zu mißbrauchen

Leserbrief von C.Meffert, 22850 Norderstedt

C. Meffert
22850 Norderstedt

Herrn
Gernot Romann
NDR Programmdirektor Hörfunk
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg

29. September 2004

Betr.: "Ein Radioprogramm ist kein Konzertsaal" / Ihr Artikel im KlassikClub Magazin von Sept. 2004

Sehr geehrter Herr Romann,

aus dem Urlaub zurückgekehrt, habe ich soeben Ihren o.g. Beitrag gelesen. Mit Ihrer Diktion aus Zeitungsinterviews und -berichten längst schaudernd vertraut, empfinde ich Ihre Polemik im Clubmagazin als großes Ärgernis und weiteren Schlag ins Gesicht der Clubmitglieder.

Die Mitgliedschaft der meisten Hörer ist weit vor der NDR Reform entstanden; die Reform hat ihr die Basis entzogen. Wie Sie wissen, hat deshalb eine beträchtliche Anzahl Mitglieder ihre Mitgliedschaft gekündigt. Sehr viele aber sind geblieben, so auch ich. Daraus zu schlußfolgern, daß diese Mitglieder mit dem Resultat der NDR Reform zufrieden seien, ist allerdings eine Fehleinschätzung. Ich zum Beispiel bleibe, weil ich als Mitglied einer zahlenmäßig nicht so ohne weiteres zu übersehenden "Dissidentengruppe" dazu beitragen möchte, daß ihre Belange doch noch wahrgenommen werden. Diese Gruppe von, wie Sie schreiben,"langjährigen treuen NDR Kultur/ Radio 3-Hörern" möchten Sie nach eigenen Aussagen auf keinen Fall diskriminieren. Sie tun es aber, denn alle, die Ihnen, Frau Mirow, Herrn Plog oder anderen NDR Mitarbeitern ihr Mißfallen an dem neuen Programm kundgetan haben, sehen sich nun in ihrem Clubmagazin als Kultur-Ajatollahs, Geschmackspolizisten usw. beschimpft.

Es stellt sich mir nun die Frage, wer für Inhalt und Ausgewogenheit des Clubmagazins verantwortlich ist. Und ich stelle sie Ihnen. Für Sie, die Segnungen der demokratischen Gesellschaft preisend, ist es leicht, Ihre Sichtweise im Magazin zu veröffentlichen. Demokratisch wäre es nun, den Lesern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Im Magazin. (Und mit eventueller erneuter NDR-seitiger Reaktion). Die unglaubliche Vielzahl von Hörerprotesten an den NDR (mehr als erwartet, wie von ihm selbst eingestanden) hat eines bislang nicht bewirken können: Einen Dialog. Ich meine, es wäre demokratisch und fair, wenn NDR Kultur mit seinen Clubmitgliedern im Magazin in einen Dialog träte, statt es als Propagandablatt zu mißbrauchen.

Als ich im Sommer dem KlassikClub telefonisch eine Frage zu einer Abbildung im Clubmagazin stellte, erlebte ich Bestürzendes: Zunächst wurde mißtrauisch (!) gefragt: "Warum wollen Sie denn das wissen?". Nachdem die Harmlosigkeit meiner Anfrage erkannt worden war, erklärte man mir bedauernd, meine Frage nicht beantworten

KlassikClub:
"Wir machen das
Clubmagazin nicht mehr."
Frage: Wer macht denn
das Clubmagazin?
zu können. Begründung: "Wir machen das Clubmagazin ja nicht mehr". Meine verblüfften Nachfragen wurden dann wieder abgeblockt.

Daher an dieser Stelle nun an Sie die Frage: Wer macht denn das Clubmagazin? Ein Blick ins Impressum wirft beispielsweise die Zusatzfrage auf: Wer ist/führt IMB und welche Rolle spielt diese Mediengesellschaft bei der (inhaltlichen) Gestaltung des Clubmagazins? Muß ich mich als KlassikClubmitglied nun daran gewöhnen, meine Fragen einer Mediengesellschaft statt "meinem" Club zu unterbreiten?

Ihren Antworten auf meine Fragen sehe ich mit Interesse entgegen und lege Ihnen ein weiteres Mal einen Dialog mit den NDR KlassikClubmitgliedern sehr ans Herz.

Mit freundlichen Grüßen

gez. C. Meffert

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Lesen Sie die Antwort:
Programmdirektor Hörfunk des NDR, Gernot Romann
Direkten Kontakt mit Hörern im NDR Kultur KlassikClub Magazin halten wir für nur bedingt praktikabel vom 18. Oktober 2004

Weitere Leserbriefe und Kommentare zu dem Artikel:
Beschwerde eines Hörers an den Intendanten des NDR, von P. Schwiesow
Nun entdecken alle Ihre Hörer wieder, was Lessing vom ‚denkenden Zuschauer/Zuhörer' schreibt Kommentar von G. Ossenbrunner, Bremen

Die Waage gleicht der großen Welt:
Das Leichte steigt, das Schwere fällt.

Lessing, zitiert von HWeblog
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Leserbrief des Hörers Schrader aus Burgdorf

Artikel im KlassikClub Magazin 09/2004:
Ein Radioprogramm ist kein Konzertsaal, September 2004
Vorläufer-Artikel im Feuilleton Hamburg der WELT:
Ein Radioprogramm ist kein Konzertsaal, 27. Juli 2004
Hauptartikel vorher im Feuilleton Hamburg der WELT:
Ein Hörfunkprogramm kann Gegensätze gut nutzen
Leserbriefartikel von Theodor Clostermann zum Romann-Interview, 21. Juli 2004
Nicht warten, bis der Mond aufgeht
Interview von Lutz Lesle mit Programmdirektor Romann, 25. Juni 2004
NDR-Kultur: Ein Radioprogramm zum gepflegten Weghören
Bericht von Lutz Lesle über die Gründungsveranstaltung des Initiativkreises Das GANZE Werk, 17. Juni 2004